Archiv der Kategorie: 07 Kunst und Kultur

Weimarer Sommer anders (2012)

Weimarer Sommer anders
Der Weimarer Ästhetik-Professor Olaf Weber fordert ein unverwechselbares Festival. Dafür brauche es auch künftig eine starke Intendanz. Michael Helbing sprach mit ihm darüber

Weimar. Das Ende der „Pèlerinages“-Kunstfeste von Nike Wagner ist absehbar. Die Intendantin wird 2013 ihr zehntes und letztes Festival verantworten. Weil aber das Geld knapp wird, vor allem jenes vom Bund ausbleibt, sind schon im kommenden Jahr einschneidende Veränderungen spürbar: Das Kunstfest wird um eine Woche verkürzt stattfinden.
Längst ist die Debatte um die Zukunft des Festivals in Gang. Angestoßen durch die Marketing-Initiative „Weimarer Sommer“ der Weimar-GmbH, sehen manche sogar schon die Chance, das alte Kunstfest durch einen neuen Kultursommer abzulösen. Weiterlesen

Bilder im Ohr – Katalogtext (2011)

Bilder im Ohr
Medienereignisse von gestern von einem Blinden gezeichnet.
Olaf Weber
Bauhaus-Universität Weimar. Professor für Ästhetik i.R.
5 Graphiken 70×100 cm

Ein Augenaufschlag der Medien – und die colorierten Atmosphären vermischen sich millionenfach mit der Freude und dem Wahnsinn vor Ort. Welche Bilder entstehen aber im Ohr? Gibt es eine besondere „Sicht“ von Blinden auf das, was medial passiert, verändert die Blindheit das „Faktische“? Unterliegt die Glaubwürdigkeit dem Visualprimat, gibt es eingebildete Symbole von Sinnesbehinderten, die nicht kommunikationsfähig sind? Verändert Blindheit vielleicht doch die Kunst? Weiterlesen

6 Thesen über Medien und Privatheit (2011)

Olaf Weber
6 Thesen über Medien und Privatheit

1. Meinungsfreiheit statt Pressefreiheit

2. Wer einen Sender , eine Zeitung, besitzt hat schon ein bißchen unrecht. Die weitreichende Meinung ist die Meinung der Weitreichenden.
Wer reich ist, reicht weit.

3. Man kann eine Zeitung am Kiosk, oder aber ihre Redaktion an der Börse kaufen. Wahlen sind periodische Tests über die Wirksamkeit der Meinungsindustrie.

4. Wer Interesse an Auflagenhöhe, Einschaltquoten und Profit hat, der hat auch Interesse an Konflikten, gewalt und Kitsch.

5. Das Internet ist kein öffentlicher Raum wie eine Straße, sondern eine Plattforrm, auf der persönliche Daten in Gewinne für große Konzerne umgemünzt werden.

6. Selbstverwirklichung und wirkliche Demokratie erfordern volle Pluralität und uneingeschränkten Wettstreit der Ideen. Demokratie braucht gewinnfreie Medien. Demokratie und Reichtum sind unvereinbar.

Diese Thesen waren Teil des Ausstellungsbeitrages „Bilder im Ohr“ (Olaf Weber) in der Ausstellung „Mediale Lebens(t)räume“ der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM)im Hause Dacheröden, Erfurt 27. Juni 2011

Märki mittendrin (2008)

Märki Mittendrin

Märki bleibt, Wolf bleibt, Krause bleibt, war das alles nur eine Seifenblase? Ich will noch einmal auf die Hintergründe der kürzlich stattgefundenen Tragödie schauen. Stefan Märki soll vor allem deshalb bleiben, weil er im Politischen und Künstlerischen außerordentlichen Mut bewiesen hat, er hat die Unabhängigkeit seines Theaters verteidigt und fördert dort auch unkonventionelle Experimente. Die Attacken gegen ihn kamen von zwei sehr verschiedenen Seiten. Erstens gab es und gibt es da diejenigen, die sein Theaterkonzept inhaltlich ablehnen, sie wollen ein konservatives Nationaltheater. An deren Spitze steht der „Volkskonservative“ und Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion Dr. Peter Krause. Weiterlesen

Bach überpinselt. Eigentum an Bach verpflichtet (2008)

Bach überpinselt: Eigentum an Bach verpflichtet

Aus dem Urlaub zurückgekehrt, musste ich feststellen, dass ein Kunstwerk in Weimar übertüncht worden ist. Im Rahmen der Bach-Bienale 2008 war das Konterfei des jungen Bach entstanden. Die originelle Grafik einer kanadischen Künstlerin stellte den jungen Komponisten in dem Moment dar, in dem er gerade die Tür seines Wohnhauses am Markt öffnet, um mal auf den Marktplatz, vielleicht nach einem seiner damals bereits 6 Kindern zu schauen. Diese künstlerische Aktion sollte den Blick der Festivalteilnehmer und aller Weimarer auf den Standort seines ehemaligen Wohnhauses fokussieren.
Eine Woche nach der würdigen und humorvollen Aktion wurde die Mauer, die den Parkplatz des Hotel Elefanten zum Markt hin abschließt, überstrichen– und damit der junge Bach. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand anderes als die Leitung des „Elefanten“ den Auftrag zur Beseitigung des Bildnisses gegeben hat. Über eine solche Ignoranz eines der führenden Touristikunternehmens in Weimar muss man wohl entsetzt sein. Hintergrund des Bildstreites ist offenbar die Nutzung der kleinen Fläche des ehemaligen Bach-Wohnhauses, dafür gibt es die Idee einer Neuüberbauung der noch vorhandenen Keller. Durch eine Symbiose von Memorialstätte und aktiver Musikpflege könnte dieser Ort das Angebot Weimarer Kulturstätten um eine wichtige Facette bereichern. Aber das Überpinseln des Bildes lässt Schlimmes ahnen und niemand in Weimar weiß, was der Münchener Hotelkonzern mit der zur Zeit als Parkplatz genutzten Fläche vorhat, er hüllt sich in Schweigen, obwohl es ein starkes öffentliches Interesse an der Zukunft dieses Ortes gibt und angesichts der weltweit riesigen Bach-Gemeinde dürften auch genügend private Sponsoren für disen Bach-Ort bereit stehen. Die Stadt und die Fraktionen des Stadtrates sollten in deser Sache noch mehr Druck machen, denn „Eigentum verpflichtet“, wie es im Grundgesetz heißt – das witzige Graffitti unseres großen Komponisten ist allerdings auf zwar rechtlich abgesicherte, doch kulturlose Weise vernichtet worden.

Prof. Dr. Olaf Weber
25.8.2008

Bach- und Bau- Haus (2007)

Olaf Weber
Bach- und Bau- Haus

Weimars Kulturgeschichte ist in seiner Vielgestaltigkeit überragend. Sein Image ist auf Potentialen unterschiedlichster Genres der Kunst, Literatur, Musik und Architektur gegründet, die sich immer wieder erneuert haben. Aber auch die touristische Aufmerksamkeit verändert sich. Bisher waren Goethe und Schiller die high-lights dieses Kulturellen Kontinuums, in Zukunft werden es Bach und das Bauhaus sein. Das liegt nicht am schwindenden Genius der Klassiker, sondern an der Wende zum globalisierten Zeitalter. Es liegt an der einfachen Tatsache, dass die Literatur nur bedingt in fremde Sprachen zu übersetzen ist, während die Sprachen der Musik und des Design vom Wesen her international sind. Weimar sollte sich dringend auf die weltumspannenden Dimensionen einer globalisierten Kultur einstellen. Dazu gehört natürlich, dass Weimar bedeutende memoriale und selbstaktive Orte schafft, die der durch Bach (und Liszt) und Bauhaus (und Van de Velde) angereichertem Weltkultur genügen. Weiterlesen

Kein Max-und-Moritz-Streich (2004)

Olaf Weber
Kein Max-und-Moritz-Streich

Goethe hatte in einem Gespräch mit Eckermann, in dem es um seine Iphigenie ging, durchaus Sympathie mit den in Jena rebellierenden Studenten gezeigt. Nun hat Weimar selber eine Universität und damit auch einige rebellierende Studierende. Die Posse im Rathaus der letzen Woche hat gezeigt, dass Weimars Studenten nun wirklich aus ihren engen Zirkeln heraus getreten sind und politisch operieren, was sie als Studierende und Staatsbürger auszeichnet. Sie haben die Übergabe einer Urkunde, bei der sich die Landesregierung und die CDU-Spitze in Weimar mediengerecht in Szene setzen wollten (was hat der Illert damit zu tun ?), durchkreuzt und durch die zeitlich begrenzte Entwendung der Urkunde darauf hingewiesen, dass es einen eklatanten Widerspruch gibt zwischen der Verleihung des Titels „Universitätsstadt“ und der gleichzeitigen drastischen Kürzung von Mitteln im Hochschulbereich. Ihre schreckliche Tat könnte aus dem Arsenal der Max-und-Moritz-Streiche stammen, über die wir früher alle herzlich gelacht haben, doch wird dieser Streich durch seinen Zusammenhang etwas anderes, er ist weder ein bloßer Gag noch eine Straftat, sondern eben eine politische Handlung vor dem Hintergrund der Mediengesellschaft. In dieser Gesellschaft haben es diejenigen leichter, die bereits Macht und Einfluss haben, die anderen müssen ihren Geist anstrengen um trickreich die Öffentlichkeit zu erreichen. Die Wahlkämpfer und die „Rebellen“ haben sich jeweils medialer Tricks bedient und ähneln sich also darin. Über den Studenten-Streich könnte man lachen, doch wegen der Schleichwerbung der Politiker sollte man misstrauisch sein.

Thüringer Landeszeitung vom 13.05.2004

Feudale Restauration oder? (2003)

Feudale Restauration oder ?

Zur „Enthüllungsfeier“ des Denkmals für Carl Alexander im Jahre 1907 war der ganze Hof erschienen, dazu viele honorige Gäste, die Creme der feudalen und bürgerlichen Gesellschaft. In 4 Jahren wäre Gelegenheit, für ein wieder hergestelltes Reiterstandbild das ganze aufgeputzte Spektakel nach dem Muster des Schlachtfeldes von Jena/Auerstedt in historischer Kulisse und Kostümen zu wiederholen – mit einigen Komparsen, wenn wir bis dahin noch nicht genug blaues Blut in Weimar haben. Ein grotesker Gedanke, der nur das ins Absurde übertreibt, was einige Weimarer wollen. Weiterlesen