Bilder im Ohr
Medienereignisse von gestern von einem Blinden gezeichnet.
Olaf Weber
Bauhaus-Universität Weimar. Professor für Ästhetik i.R.
5 Graphiken 70×100 cm
Ein Augenaufschlag der Medien – und die colorierten Atmosphären vermischen sich millionenfach mit der Freude und dem Wahnsinn vor Ort. Welche Bilder entstehen aber im Ohr? Gibt es eine besondere „Sicht“ von Blinden auf das, was medial passiert, verändert die Blindheit das „Faktische“? Unterliegt die Glaubwürdigkeit dem Visualprimat, gibt es eingebildete Symbole von Sinnesbehinderten, die nicht kommunikationsfähig sind? Verändert Blindheit vielleicht doch die Kunst?
Die Auswahl der Medienereignisse ist natürlich subjektiv. Wie die Sujets und Inhalte der Nachrichten sind auch die Bilder, die letztlich im Kopf bleiben, interessengeleitet. Neben der persönlichen Intention ist für die Erinnerung wichtig, welche verbalen Aussagen fähig sind, starke und dauerhafte Bilder zu generieren. Auch für Sehende ist gültig, dass Bilder meist Worte und Aussagen stets Bilder assoziieren, diese Tatsache ist aber für Blinde eine existentielle Grundlage ihrer Orientierung.
Mit den Mitteln traditioneller künstlerischer Gestaltung sind Bilder, die durch mediales Hörensagen entstanden sind, in Bilder für Sehende verwandelt worden. Es ist vielleicht interessant zu überprüfen, wie auf dem Wege von der Wirklichkeit der Ereignisse über verschiedene mediale und sinnliche Ebenen Bilder eines „blindenden Künstlers“ entstanden sind, die wiederum als sichtbare Wirklichkeit ein Medium der Reflexion werden können.
Katalogtext zur Ausstellung „Mediale Lebens(t)räume“ der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM)im Hause Dacheröden, Erfurt Juni 2011