Kein Max-und-Moritz-Streich (2004)

Olaf Weber
Kein Max-und-Moritz-Streich

Goethe hatte in einem Gespräch mit Eckermann, in dem es um seine Iphigenie ging, durchaus Sympathie mit den in Jena rebellierenden Studenten gezeigt. Nun hat Weimar selber eine Universität und damit auch einige rebellierende Studierende. Die Posse im Rathaus der letzen Woche hat gezeigt, dass Weimars Studenten nun wirklich aus ihren engen Zirkeln heraus getreten sind und politisch operieren, was sie als Studierende und Staatsbürger auszeichnet. Sie haben die Übergabe einer Urkunde, bei der sich die Landesregierung und die CDU-Spitze in Weimar mediengerecht in Szene setzen wollten (was hat der Illert damit zu tun ?), durchkreuzt und durch die zeitlich begrenzte Entwendung der Urkunde darauf hingewiesen, dass es einen eklatanten Widerspruch gibt zwischen der Verleihung des Titels „Universitätsstadt“ und der gleichzeitigen drastischen Kürzung von Mitteln im Hochschulbereich. Ihre schreckliche Tat könnte aus dem Arsenal der Max-und-Moritz-Streiche stammen, über die wir früher alle herzlich gelacht haben, doch wird dieser Streich durch seinen Zusammenhang etwas anderes, er ist weder ein bloßer Gag noch eine Straftat, sondern eben eine politische Handlung vor dem Hintergrund der Mediengesellschaft. In dieser Gesellschaft haben es diejenigen leichter, die bereits Macht und Einfluss haben, die anderen müssen ihren Geist anstrengen um trickreich die Öffentlichkeit zu erreichen. Die Wahlkämpfer und die „Rebellen“ haben sich jeweils medialer Tricks bedient und ähneln sich also darin. Über den Studenten-Streich könnte man lachen, doch wegen der Schleichwerbung der Politiker sollte man misstrauisch sein.

Thüringer Landeszeitung vom 13.05.2004

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