Richtigstellung an Thüringer Allgemeine (1998)

Richtigstellung

In der Thüringer Allgemeinen vom 19.03.1998 gab es persönliche Angriffe auf mich, die die Redaktion dieser Zeitung veröffentlicht hat, während dieselbe Redaktion wesentliche Passagen meiner Leserzuschrift vom 5.03.1998 gestrichen hatte, mit deren Kenntnis die Briefeschreiber sicher anders reagiert hätten. Nur so kann ich mir erklären, daß Herr Ralf Zimmer meine Zuschrift als „überheblich, menschenverachtend und denunzierend“ empfindet, Herr Adolf Polt meint, ich wollte jemanden mundtot machen und Herr Herbert Schachtschnabel feststellt, für mich scheine „die Wahrheit eine bittere Pille zu sein“. Hier ein wesentlicher, aber unveröffentlichter Satz meiner damaligen Zuschrift: „Wir brauchen eine breite Offentlichkeit zu Fragen der Stadtgestaltung und Kunst, aber wir brauchen dabei auch die Meinungsführerschaft derjenigen, die in ästhetischen Fragen etwas mehr Kompetenz besitzen.“ Möglicherweise hätte auch der Begriff „Meinungsführerschaft“ Mißverständnisse hervorgerufen. Ich hatte deshalb geschrieben: „Auch in ästhetischen Fragen gibt es Spezialisten, die sich gegenüber anderen durch mehr Erfahrungen und ein präziseres Vorstellungsvermögen auszeichnen.“ Es sollten sich also alle Kunstinteressierte beteiligen, aber die Experten sollten sich besonders intensiv melden und gefragt werden. Aber sie haben sich nicht ausreichend zu Wort gemeldet und die Medien haben sie nicht ausreichend befragt. Ich habe deshalb den seeligen Schlaf der von Weimar honorierten Kunstpreisträger bewitzelt.

Nun zu meiner Kritik an Buren und Kauffmann, sie hätten ein kunstpädagogisches Konzept vermissen lassen, zumal die Ostdeutschen im Umgang mit moderner westlicher Kunst nicht sehr vertraut seien. Ich bin selbst in der DDR aufgewachsen und ich freue mich, in den letzten Jahren durch eigene Anschauung und die Reflexionen anderer in Sachen zeitgenössischer Kunst einiges hinzugelernt zu haben – auch an differenzierter kritischer Haltung zu dieser Kunst. „Kunstpädagogik“ ist doch kein Schimpfwort, zumal ein lebenslanges Lernen und Lehren in anderen Gebieten längst selbstverständlich geworden ist. Ich kann mir eher vorstellen, daß es Herr Buren als Zumutung betrachtet, nicht einfach Kunst machen zu dürfen, sondern auch noch aufgefordert zu werden, in diese einzuführen und zu erklären. Doch für moderne Kunst ist es fast typisch, dass ihre ästhetische Botschaft auf vielen parallelen Wegen die Adressaten erreicht – auch durch Erläuterungen und Interpretationen. Ist meine Haltung überheblich und menschenverachtend?

Noch einen, von der Redaktion gestrichenen Satz, will ich aus meiner anstößigen Zuschrift zitieren. „Ich freue mich darüber, daß meine Partei (Die Grünen) diese Diskussion mit großem Ernst und in den Personen von Philipp Fuhrmann (Pro) und Gretel Hecht (Contra) sehr kontrovers führt.“ Ich habe also eine rege Debatte befürwortet. Das ist das Gegenteil von mundtot machen.

Die Redaktion der TA hat durch Weglassen wichtiger Textstellen und das Veröffentlichen daraus resultierender Schmähungen der Streitkultur in dieser Stadt keinen guten Dienst erwiesen. Alles muss aber am Anspruch des Kulturstadtjahres gemessen werden – auch die Zeitung.

Prof. Dr. Olaf Weber
(nach einem Protest bei der Redaktion In Thüringer Allgemeine 19.03.1998 veröffentlicht)

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