Die Entwicklung der Gestaltqualität und Erlebniswirksamkeit der Architektur (1983)

Die Intentionen für eine neue Architekturästhetik werden in diesem Beitrag zu Forderungen an die Baupolitik verwandelt. Die Initiative zu dieser Expertise ging auf Bernd Grönwald zurück, der in den 80er Jahren durch die Sammlung von Expertenwissen offensichtlich eine Korrektur der DDR-Baupolitik auf höherer Ebene initiieren wollte.

Olaf Weber
Die Entwicklung der Gestaltqualität und Erlebniswirksamkeit der Architektur.
Beitrag zur Expertise „Entwicklungsbedingungen und Entwicklungsrichtungen für dasBauen in den 80er und 90er Jahren in der DDR“ 1983

Vorbemerkung
Viele Faktoren technischer, sozialer und politischer Natur haben zu einem neuen Gesicht unserer baulichen Umwelt geführt. Innerhalb des Rahmens „ewiger“ Gestaltungsgesetze sind neue Bedingungen für die Entwicklung der Formensprache unserer Architektur entstanden. Dabei kommt es zu Widersprüchen, die im Sinne der umfassenden Erfüllung wachsender materieller und ideeller Bedürfnisse der Menschen, besonders aber auch im Sinne der Einheit dieser Bedürfnisse und ihrer immer umfassenderen Befriedigung gelöst werden müssen.

Fragen der Gestaltqualität beinhalten in ihrem Wesen etwas Zweifaches, das in Gestaltungsdisskussionen oft undifferenziert behandelt wird: Die konkrete Ausformung des architektonischen Erscheinungsbildes einerseits (die Entwicklung der Gestaltungsmittel) und die allgemeinere Frage nach dem notwendigen Gewicht der Gestaltung im Faktorengefüge des Entwurfes andererseits. Die letztgenannte, quantitativ orientierte Teilfrage muss in besonderem Maße politisch beantwortet werden. Es ist die Frage danach, wieviel ihres materiellen und ideellen Vermögens unsere Gesellschaft in das Erscheinungsbild ihrer gegenständlichen (architektonischen) Umwelt investieren will. Architekten bemängeln gern den zu geringen Aufwand für das Äußere der Bauten, ohne aber den Sinn und Nutzen einer gestalterischen Aufwandssteigerung einigermaßen verständlich machen zu können.
Dieser Aspekt wird meines Erachtens in Zukunft besonders wichtig werden.

Die eingeschlagene Entwicklungsrichtung der Gestaltqualität wird vor allem von begründeten Denkansätzen zur Funktion und Wirkung der Form in der Architektur beeinflusst.

Im Folgenden soll die Situation der Architekturgestaltung unter vier, mir besonders wichtig erscheinenden Aspekten – der architektonischen Einheit, des Ausdrucks der Architektur, der Typisierung und der architektonischen Vielfalt – aufgezeigt werden.

Die Einheit der Architektur wiederfinden!

Die Einheit der Architektur ist im modernen Bauen auf mehrfache Weise zerstört bzw. durch Tendenzen in entsprechende Richtung gefährdet: Die materiellen sind von den ideellen Bedürfnissen (und Funktionen) losgelöst. Der Gestaltungsprozess ist den produktions- und nutzertechnologischen Entscheidungen nur angekoppelt und die Ausdrucksträger sind dem „nichtssagenden“ Baukörper nur vorgehängt oder beigestellt. Die Architektur, die die Kultur der sie tragenden Gesellschaft wiederspiegelt und stimuliert, muss sich zu dieser Funktion ganzheitlich bekennen und muss selbst zu dieser in den letzten Jahrzehnten verlorenen Ganzheit zurückfinden.

Im Einzelnen :
Im Prozess der Industrialisierung unseres Bauwesens hat sich eine Denkhaltung entwickelt, die das Ästhetische zwar nicht als überflüssig, aber als zusätzlich betrachtet, was nach einem Maß unserer ökonomischen Möglichkeiten zur Realisation kommen kann, das nicht das Maß ist, mit dem Bautechnologie und materielle Funktion beurteilt werden. Fragen der Gestaltung betreffen aber den Organismus unserer Gesellschaft im gleichen Maße, wie das Bereitstellen von Räumen, sie können auch nicht zeitweilig aufgespart und durch späteres „Ausschmücken“ nachgeholt werden. Die Einhaltung des Proportionalitätsgesetzes der Volkswirtschaft gilt sowohl für die einzelnen Bereiche des Bauwesens ( Wohnungsbau, Verkehrsbau, Industriebau, Gesellschaftsbau usw.), als auch für die verschiedenen Aspekte, Elemente und Funktionen der Architektur.

Das Gewicht der Gestaltung ergibt sich nicht nur aus der kunsterzieherischen Funktion der Architektur, sondern auch aus den psychischen Faktoren des Wohlbefindens und der Identifikation mit der gebauten Umwelt und nicht zuletzt auch aus den praktischen Belangen, die durch die Gestalt der Architektur beeinflusst werden, wie die Orientierung und das „Lesen“ funktioneller Zusammenhänge.
Der letztgenannte praktische Anlass zur Gestaltung weist besonders deutlich die Sinnwidrigkeit der mancherorts zu hörenden Rede von einer Architektur nach, die zwar schlecht gestaltet sei, aber gut funktioniere. Zum Funktionieren, zum Bedürfnis erfüllen gehört eine gute Gestalt.

Ein weiterer, mehr äußerlicher Ausdruck für den Dualismus von „Nützlichem“ und „Schönem“ ist die zu beobachetende Tendenz, den Baukörper, seinen Massenaufbau und seinen Gliederungen nur eine praktische Motivation zuzuschreiben, während in der Sphäre des Schmuckes, der Werbung, der bildenden Kunst, des Strassenmobiliars usw., also in der Sphäre des Zusätzlichen, das nicht der technologischen Spröde der Bauproduktion unterworfen ist, die Ausdruckswerte unserer räumlichen Umwelt untergebracht werden. Wenngleich dieser Ausweg auch für einen Moment der Architekturentwicklung möglich erscheint, so muss doch darauf orientiert werden, dass alle Ebenen der Architekturgestalt – auch die Großformen der Gebäude – wieder ästhetisch manipulant werden.

Anmerkung:
Für die Einheit der Formensprache unserer Umwelt wird im nächsten Jahrzehnt das Integrationsvermögen der industriellen Formgestaltung eine wichtige Rolle spielen. In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass die zunehmende Verwendung von Bauelementen, denen plast- und metallverarbeitende Maschinen ihren exakten Stempel aufgedrückt haben, mit der sich neu entwickelnden Freude am Detail und am Zierrat korrespondiert.

Eine Einheit der verschiedenen Komponenten der Architektur wird auch durch die Organisation des Entwurfs- und Projektierungsprozesses selbst gestört. Gestaltungsentscheidungen sind darin nur dort vorgesehen, wo eine Determinationsschwäche durch andere (konstruktive,„funktionelle“ …) Faktoren besteht. Der Entscheidungsspielraum ist dann sehr gering, die Alternativen sind vorgewählt. Die Gestaltung kommt zu spät. Gestaltungsentscheidungen entsprechen ihrer Wichtigkeit für das Endprodukt, in den Entwurfsprozess einzuflechten heißt dagegen, die wichtige ideelle Funktion der Architektur anzuerkennen und die Formfragen der Verdächtigung von Impoderabilität subjektiven Couleurs zu entbinden.

Diese Feststellung trifft in vollem Umfang auf die EDV-gestützte Projektierung zu, in deren Prozessablauf Gestaltungsentscheidungen eingeflochten werden sollten, anstatt wie bisher das Ästhetische auf die nachträgliche Selektion unvollständiger Variantenfelder zu beschränken.

Architektonischen Ausdruck schaffen!

Eine Ursache für den Gewichtsschwund der Gestaltung gegenüber den anderen Faktoren des Bauens liegt darin, dass uns im Laufe des Industrialisierungsprozesses das Bewusstsein dafür weitgehend verschüttet ist, was durch Gestaltung überhaupt erreicht werden kann. Freiräume für Gestaltung im Entwurfsvorgang werden im Allgemeinen nur mit einem neutralen „Verschönern“ des Baukörpers entsprechend der herrschenden ästhetischen Norm ausgefüllt – so werden Maßbeziehungen etwas korrigiert, Ordnungslinien verdeutlicht, das scheinbar „Moderne“ (z.B. in Form von Fensterbändern) aufgeputzt usw…

Auf diese Weise wird der Entwurf optisch aufgebessert, aber nur, um geschmacklich „in die Zeit“ zu passen. Ziel und Aufgabe der Gestaltung, Sinn und Funktion der Gestalt bleiben unbestimmt, d.h. das Problem wird formalistisch, also nur halb gelöst.

Gestalten ist aber nicht nur die Komposition einer Figuration, sondern zugleich die Übermittlung von Ideen, Emotionen, Assoziationen usw.. Gestalten ist also vor allem Erzeugen von Ausdruck gemäß einer ganz konkreten, der Gestaltung im Wesentlichen übergeordneten Aufgabe, der gegenüber die gestaltete Architekturform ein der Zweck-Mittel-Implikation ähnliches Verhältnis einnimmt. Gestaltung sollte wieder stärker auf den Ausdruck und die Komposition der Ausdrucksträger ausgerichtet werden, denn mit dem – weltweit auftretenden – Verlust der modernen Architektur an Ausdruckskraft ist eine Verarmung der Empfindungsfähigkeit der Bewohner verbunden, sie hat Desorientierung und Emotionsleere in der Stadt zur Folge, erschwert die ganzheitliche und emanzipatorische Aneignung der ansonsten „fremden“ Umwelt und verhindert nicht zuletzt auch, dass der kulturpolitische und soziale Gehalt unserer Architektur zur vollen Repräsentation kommt.

Versuche zur Erhöhung des Ausdrucksvermögens, die darin bestanden, „ikonografische Zeichen“ (Henselmann) zu setzen oder einen traditionellen Formenkanon zu verwenden, an den die Geschichte schon Bedeutungen und Assoziationen geknüpft hat – wie die wesentlichen „postModernen“ und „Neoeklektizisten“, haben zu keinen befriedigenden Ergebnissen geführt.

Es wird in den nächsten Jahrzehnten darauf ankommen, in Respektierung der sich wandelnden Seh – und Interpretationsgewohnheiten der Nutzer und unter Berücksichtigung der Formbestimmung neuer Konstruktionen und Technologien eine entwicklungsfähige und offene Formsprache der Architektur zu schaffen, deren Ausdrucks- und Aussagekraft dem Bedürfnis nach erlebnisfähiger Umwelt als Teil des allgemeinen Kulturbedürfnisses entgegenkommt. Dabei ist das ganze Repertoire an Darstellungsmitteln, von bildhaft-sinnlichen Analogien über logisch Ables- und Erkennbares bis hin zu Symbolen, Metaphern und rhetorischen Figuren, an denen die Baukunst immer reich war, prinzipiell verwendbar.

Die Frage, wie solcherart Anspruch mit den Mitteln des industriellen Bauens zu verwirklichen ist, kann nur in Anforderungen an das Bausystem umgewandelt werden: Technologische Typisierung muss auf Wahrnehmungserkenntnis und Interpretationstypen Rücksicht nehmen, Typenelemente müssen in das Elementesystem der architektonischen Formensprache integriert sein, ihre technischen Führungsregeln müssen mit der „Grammatik“ dieser Formensprache im Einklang stehen usw.(vgl. weiter unten).

Ich würde außerdem zur Abkehr von „reinen“ Bausystemen raten und für verschiedene technologische Mischsysteme plädieren (z.B. Kombination von Plattenbau, monolytischem Beton, Stahlskelett, Zieglbau usw.). Das jeweils geringere standartisierte System könnte durch seine Varianz innerhalb der Symbiose die „Schlüsselreize“ für den Ausdruck des Ganzen schaffen. Eine computergestützte Projektierung und Bauablaufplanung kann gewährleisten, dass solche Mischsysteme auch ökonomisch effektiv sind.

Mehrdimensionale Typisierung anstreben!

Das weitere Fortschreiten unseres Bauwesens ist ohne entwickelte Typisierung nicht denkbar. Typisierung ist aber nicht nur aus der Sicht der Produktivitätssteigerng in der Bauproduktion notwendig sondern auch aus der Sicht der Wahrnehmung und der Erlebbarkeit durch die Nutzer. Die Menschen haben ein ihnen innewohnendes Bedürfnis, Formstereotype in ihrer gegenständlichen Umwelt zu erkennen, um sich an ihnen zu orientieren.

Ohne diesen Typisierungsaspekt ist Erkennen und Zurechtfinden überhaupt nicht möglich. Und auch dort, wo Unikate vorherrschen (z.B. in der Natur) schafft sicher der Mensch durch Abstraktion von Zufälligem eine Wahrnehmungs- und Begriffswelt von Stereotypen. Die Reflexion auf „Typen“ hat deshalb in der Baukunst immer eine große Rolle gespielt. Typen bilden aus der Sicht der ästhetischen Aneignung normative Figuren, die –durch die Eigenschaft ihrer Wiederholbarkeit unterstützt- ein relativ stabiles Feld von Aussagen um sich gesammelt haben.

Es ist möglich, durch Respektierung dieses Typisierungseffektes der Wahrnehmung, eine Umwelt zu schaffen, die durch den auf Wiedererkennung beruhenden Assoziationswert der Form erlebnisreich und wahrnehmungsökonomisch zugleich ist.

Allerdings ergeben sich aus dieser nutzeradäquaten Typisierung Anforderungen an das Serienprodukt, die teilweise im Widerspruch zu Charakter der Typisierungbestrebung der Bauproduktion stehen. Das betrifft vor allem das Verlangen nach Vielfalt in der Einheit bzw. nach Individuellem im Exemplar der Serie. Dieses Bedürfnis und seine Herkunft kann hier nicht tiefer begründet werden. Verschiedene Gesetzmäßikeiten von Kommunikation und Erkenntnis basieren auf dieser dialektischen Einheit. Das Individuelle kann aber unserem Architekturserienprodukt prinzipiell durch zwei Verfahren beigegeben werden:

1. Durch Überformen des seriellen Prinzips mit dem „Zufall“ äußerlicher, die Form betreffender Variationen bei der Anordnung des Balkons, der Höhenstaffelung der Gebäude, der Farbgebung usw. (formale Innovation).
2. Durch eine mehrdimensionale Typisierung, bei der beispielsweise eine Schule nicht nur das Typische einer Schule sondern auch das Typische der betreffenden Region, der Stadt oder des Wohngebietes, der Konstruktion und Technologie, der persönlichen „Handschrift“ des Architekten usw. enthält.

Anmerkung: Wiederverwendungsprojekte, die naturgemäß auf eine Menge dieses „Typischen“ verzichten, werden mit der Entwicklung der automatengestützten Projektierung hoffentlich immer überflüssiger.

Das Besondere des durch mehrdimensionale Typisierung individualisierten Serienproduktes ist verstehbar, da es in einer Reihe mit verschiedenen bekannten Lösungen gestellt werden kann und nur durch die „einmalige“ Kombination mehrerer wiederholbarer charakteristischer Form seine Individualität erhält. Es ist nicht nur wie im ersten Fall Markenzeichen seiner selbst, sondern es ist Ausdruck der Zugehörigkeit zu jeweils mehreren Gegenstandsklassen und also inhaltlich aufgeladen. Durch diese Individualisierung der Form, bei der verschiedene Codes (der Funktion, der Region, der Konstruktion usw.) überlagert werden, wird der weiter oben geforderte Ausdruckswert der Architektur sowohl gegenüber der eindimensionalen Typisierung (alle Schulen sehen gleich aus), als auch gegenüber einer nur formalen Innovation erhöht. Die mehrdimensionale Typisierung der Form stellt hohe Anforderungen an die Qualität des Montagebausystems. Es muss eine solche Kombinationsfähigkeit und eine solche Menge an Elementen besitzen, die nicht nur Flexibilität in der Raumbildung, sondern auch Ausdrucks- und Aussagefähigkeit entsprechend einer gewollten ideellen Funktion ermöglichen.

Vielfalt integrieren!

Es geht nicht nur darum, die Erscheinung unserer Umwelt durch formale Vielfalt optisch aufzulockern, die Vielfalt muss einen Sinngehalt besitzen. Vielfalt darf nicht nur aufgesetzt werden, sondern sie muss auch einen tatsächlichen Beziehungsreichtum widerspiegeln, bzw. eine wirkliche Funktion haben. Zum Beispiel kann eine Höhendominante funktionell zur Orientierung in einem Wohngebiet beitragen, obwohl sich hinter den „herausragenden“ Platten die gleichen Wohnbedürfnisse und Verhaltensweisen verbergen, wie hinter den übrigen Fassadenelementen. Anzustreben ist aber eine Korrespondenz zwischen den materiellen und den ideellen Komponenten (wobei letztere kein einfacher Reflex auf erstere sein können). Diese – hier als „Korrespondenz“ bezeichnete Beziehung verweist einerseits darauf, dass jede funktionelle Vielfalt für gestalterische Vielfalt genutzt und ästhetisch umgesetzt werden sollte. Zum anderen verweist sie darauf, dass viele Gestaltungsentscheidungen in scheinbar rein sozialen, technischen, ökonomischen usw. Entscheidungen enthalten sind und diese deshalb auch in ihrer mittelbaren gestalterischen Dimension kalkuliert werden müssen. Der ästhetische Gehalt technischer und ökonomischer Entscheidungen ist evident und braucht hier nicht ausgeführt werden. Aber auch im sozialen Bereich enthält die von Soziologen aus gutem Grund bevorzugte Integration verschiedener sozialer Schichten (Rentner, Arbeiter, Kinder, Intelligenz, …) auch eine ästhetische Konsequenz. Eine gewisse räumliche Segregation unterschiedlicher Wohnbedürfnisse, deren maßgeschneiderte Umhüllung „aus sich heraus“ (d.h. ohne gestalterischen Impetus) schon für visuelle Differenzierung sorgt, würde sich gestalterisch positiv auswirken.

Architektonische Gestaltungsintensionen reichen also bis hin zu Fragen der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen, die über funktionelle Differenzierung stimuliert und ausgedrückt werden kann. Die Problemsicht des Ästhetischen muss angesichts des immer umfangreicheren und in seiner gegenseitigen Bedingtheit kaum zu überblickenden Faktorengefüges, das den Entwurf mitbestimmt, weit über den eigentlichen Gestaltungsakt hinausgehen.

Wir haben sowohl die Möglichkeit als auch die Pflicht zu solchen integralen Gestaltungsverständnis, weil die Faktoren der Gestaltfindung ihre Naturgebundenheit immer mehr verloren haben und zu Faktoren geworden sind, in denen schon Summen gesellschaftlicher Entscheidungen enthalten sind, die mindestens tendentiell auch in ihren schwer einschätzbaren gestalterischen Auswirkungen kalkuliert werden müssen.

Es geht nicht nur darum, die Menge von Entscheidungen zu erhöhen, die in jedes einzelne Gebaute, in jeden verarbeiteten Kubikmeter Beton, investiert werden, es geht darum, diese Entscheidungen gestalterisch umzusetzen, sie in solche Ideen zu verwandeln, die in der Gestalt vergegenständlicht sind und damit den Erlebnisreichtum der gebauten Umwelt erhöhen.

Ich halte auch eine Dezentralisierung bestimmter Entscheidungen für ein geeignetes Mittel um gestalterische Individualität durch das lokale Kolorit der verantwortlichen staatlichen Instanzen, der Projektierungsbüros und der betroffenen Mieter anzureichern. Die Entwicklung der sozialistischen Demokratie im Umweltsektor ist dabei ein wichtiges politisches Instrumentarium um die Gestaltqualität der Architektur schrittweise zu erhöhen.

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