Das Blindengeld ist ein Exempel (2005)

Das Blindengeld ist ein Exempel

In Thüringen soll das Einkommen unabhängige Blindengeld gestrichen werden. Das brachte am vergangenen Sonnabend über 6.000 Blinde und Sehschwache zu einer beeindruckenden Demonstration vor der Erfurter Staatskanzlei in Wut. Man könnte meinen, dass es sich hierbei um den üblichen Aufschrei der Besitzstandswahrung gehandelt hätte, die bei jeder Kürzung der staatlichen Zuschüsse herummosern. Doch für die Blinden steht nicht nur der finanziellen Ausgleich für ihre blindheitsbedingten Aufwendungen zur selbstbestimmten Teilhabe am beruflichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben auf dem Spiel, sondern es besteht die Gefahr eines fundamentalen Politikwechsels der CDU-geführten Landesregierungen und der neoliberalen Kräfte überhaupt. Es geht also nicht nur um die Bezahlung von Vorlesekräften und Begleitpersonen, von technischen Hilfsmitteln, die sprechen können oder tastbar sind und andere Mehraufwendungen, sondern es geht um das Prinzip des sozialen Ausgleiches überhaupt. Die CDU will nur noch für wenige Blinde auf der Ebene der Sozialhilfe Hilfe leisten. Statt also wie bisher einen materiellen Ausgleich für eine gravierende Benachteiligung zu geben, sollen nur den ganz tief Gefallenen und existenziell Gefährdeten geholfen werden. Das ist eine Sozialpolitik am Sterbebett und die Verabschiedung von der Solidargemeinschaft. Wie sich das mit dem christlichen Menschenbild vereinbaren lassen soll, ist ein Geheimnis der CDU, das Modell einer zukunftsorientierten effizienten Gemeinschaft ist das jedenfalls nicht.

Übrigens ist es bezeichnend, dass dieser Extrem-Sozialabbau im Gleichklang mit den Privatisierungstendenzen von zahlreichen Transport- und Kultureinrichtungen (wie Bahn, Theater, Museen) einher geht, deren Sozialtarife zunehmend reduziert werden oder wegfallen.

08.05.2005
(unveröffentlicht)

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