Kulturstadt – Wie weiter? (1999/2001)

Kulturstadt – wie weiter? Auf das timing kommt es an.
1999

Wenn das Kulturstadtjahr ein Erfolg war und wenn es aus den erfolgreichen Kunstfesten hervorgegangen ist, so soll es im Jahr danach auch wieder dorthin zurückkehren. Weimar ist Gegenstand einer inszenierten Stimmungsdemokratie, nach der Kauffmann erst Gespenst (Rollplatz), dann Guru (das schöne Spektakel), dann Gangster (Geldverschwender) und nun wieder Guru (der Verletzliche) sein soll. Ich bin auch verletzt, weil so viel zerredet wird, viele sind verletzt. Ist das wichtig? Wichtig ist, daß die vielen Schuldigen an dem Dilemma jetzt in der Einsicht zusammenstehen sollen: Kaufmann muß das Kunstfest 2000 machen. Das war doch ohnehin eine Angelegenheit der Logik, denn mitten im Kulturstadtjahr und angesichts der unsicheren Stadt- und Landtagswahlen hat die einzige Entscheidung von Stadt, Land und Kauffmann nur heißen können: Weitermachen. Im Frühjahr des kommenden Jahres könnten wir dann alle gemeinsam entscheiden, ob wir auch nach 2000 die bewährten Kauffmannschen Festspiele wollen oder ob mal etwas anderes passieren soll. Auf das timing kommt es an!

Kulturstadtjahr – ein Resümee

Trotz mancher Behauptungen ist das Kulturstadtjahr ein großer Erfolg geworden. Davon haben neben den Geschäftsleuten, Gastronomen und Hoteliers auch die Kunst- und Kulturbeflissenen der Region und auf häufig indirekte Weise fast alle anderen Bürger profitiert. Bedeutender aber sind die Langzeitgewinne für Weimar, vor allem die modernisierte Infrastruktur und der erhöhte Bekanntheitsgrad.

Vor allem aber hat Weimar wieder eine aktuelle geistige Dimension erhalten. Dieses Geistige ist nicht nur für die Schöngeister und Intellektuellen der Stadt, sondern in differenzierter Verstrickung auch für das ganz profane und profitable Leben von höchster Wichtigkeit. Die historische angelegten Widersprüche dieser Stadt sind durch dieses Jahr zu einem nicht unbedeutendem Thema in der Millenium-Diskussion geworden und haben eine ungeahnte Anziehungskraft für die Kulturelite Europas gewonnen. An diesem Erfolg haben viele mitgewirkt, doch ist er unbestritten vor allem mit Bernd Kauffmann verbunden. Als „General“ und Intendant des Kulturstadtjahres mußte er auch einsame Entscheidungen fällen, die nicht immer den Vorstellungen von jedem Einzelnen entsprachen, doch die Grundlinie und die ästhetische Aussteuerung des Kulturstadtjahres waren stimmig und eindeutig Kauffmanns Verdienste. Gegen Ende dieses bedeutsamen Jahres sollte Weimar den Mut haben, den Machern der Kulturereignisse aus vollem Herzen und vielleicht mit einer großen Geste zu danken. Das würde uns gut anstehen – auch angesichts des aus Erfurt kommenden zögerlichen Krittelns (jede Kulturstadt hat bisher ihr Budget überzogen). Die Auffassung, daß Weimar in diesem Jahrhundert genug und für das nächste gleich mit bekommen hätte, kann auch nicht im Interesse des Landes und anderer Thüringer Regionen sein. Weimar braucht endlich eine verläßliche Zusage aus Erfurt für die Finanierung der nächsten Kunstfeste.

So klein Weimar auch immer bleiben wird, diese Stadt kann in Sachen Kulturperspektive keine Mittelmäßigkeit gebrauchen. Die Ansprüche an Weimar sind erst recht nach den Erfahrungen des Kulturstadtjahres gewachsen. Ein schlüssiges Konzept und eine sich tragende Inszennierung müssen für ein künftiges Kunstfest her. Etwas, das aus ohnehin laufenden Projekten zusammengestoppelt ist, sollte lieber ausfallen als stattfinden. Es muß aber stattfinden!

12.01.2001

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