Über das Verhältnis von Standard und Typus in der Architektur (1982)

„Standardisierung“ ist ein harter, technischer Begriff, „Typ und Typisierung“ gehören dagegen der Sphäre des Sozialen und der Kultur an. Ein Gebäude kann nur in seinen Elementen oder Halbfabrikaten standardisiert sein, als Ganzes aber ist ein Haus durch Menschen und Orte stets individualisiert. Die Gleichsetzung von Standard und Typ war ein folgenschwerer Irrtum der DDR-Baupolitik.

Olaf Weber
Über das Verhältnis von Standard und Typus in der Architektur

Die Probleme der Standardisierung und Typisierung haben aufgrund der unterschiedlichen gesellschaftlichen Funktion von Architektur und Produktgestaltung in beiden Bereichen der Umweltgestaltung verschiedene Ausprägungen, aber das Verhältnis von Standard und Typus ist bei ihnen im Prinzip gleich. Da dieses Verhältnis der Gegenstand meiner folgenden Ausführungen sein wird, erlaube ich mir diese Problematik aus der mir gewohnten architektonischen Sicht zu behandeln. Das Hinüberdenken in die Sphäre der Produktgestaltung ist ohne weiteres möglich.

Das Thema „Standardisierung und Typisierung“ wird im Laufe der 80er Jahre wieder zu einem großen Thema der Umweltgestaltung werden, nachdem es in der zweiten Hälfte der 50er Jahre schon einmal zentrales Thema der architekturtheoretischen
Diskussion war, dann aber als vorerst erledigtes Problem zurückgestellt und scheinbar vergessen war, während die realen Standardisierungsprozesse in der gesamten industriellen Sphäre mit Riesenschritten voraneilten. Inzwischen ist eine neue Situation herangereift. Im Bauwesen ist diese neue Situation durch den Übergang von der extensiven zur intensiven Bebauung gekennzeichnet, d.h. durch den Übergang von den multipliziten Standorten der Neubaugebiete zur inneren Rekonstruktion der Städte mit Wohnungsbau. Die Problematik der seriellen Produktion wird dabei zwangsläufig aufs Neue hervortreten und wir wollen sie nicht im Rückwärtsgang – durch prinzipielle Rücknahme des Industrialisierungsniveaus – lösen. Aber unsere grundsätzliche Bejahung der Industrialisierung muß jetzt auf einem neuen theoretischen Niveau erneuert werden, auf dem die künftige Entwicklungsrichtung der Industrialisierung definiert werden kann. Semiotik und Kommunikationswissenschaften bilden dabei zuverlässige Stützen. Ich werde natürlich – dem Motto dieses Kolloquiums entsprechend – die ästhetischen und semiotischen Aspekte der seriellen Produktion in den Vordergrund stellen.

Neben den Begriffen des Standards und der Serie spielt der Begriff des Typs eine wichtige Rolle. Die Menschen haben in ihrer Geschichte immer Typen von Gegenständen entworfen und hergestellt; vom Faustkeil bis zu Messer und Gabel, von der Laubhütte bis zum Miets- oder Kulturhaus entstand aus der Vielzahl von Möglichkeiten immer Typisches. Im Ergebnis der industriellen Revolution ist es nunmehr durch Maschinen möglich geworden, das Typische in Serie zu produzieren und man könnte annehmen, dass damit der Hang des Menschen zum Typenmäßigen seine Erfüllung findet. Die Reaktionen der Menschen auf diese Typen sind aber anders. Das Serielle wirkt oft kalt, monoton, unsinnlich und unpersönlich.

Abgesehen vom Problem des technologischen Niveaus, auf dem wir künftig die Gegenstände unserer Lebens-Umwelt produzieren werden, wird das Problem der Individualität und der Ausdrucksfähigkeit des industriell produzierten Teils dieser Lebensumwelt immer vordergründiger. Die in den Diskussionen zu diesem Thema andauernde Gleichsetzung von „Typisierung“ und „Standardisierung“ erschwert nicht nur das theoretische Denken, sondern verhindert auch praktische Fortschritte auf einem Wege, der uns erlaubt, die Industrialisierung des Bauwesens ganz offenherzig zu bejahen und ohne Restriktionen und Vorbehalte alle Möglichkeiten des industriellen Bauens auch auf städtebaulich heiklen Standorten auszuschöpfen.

Die Entstehung eines Begriffs vom Typus in der Architektur

Der Typusbegriff verband sich in der neueren Architekturgeschichte vor allem mit drei besonders rationalistisch eingestellten Entwicklungsphasen: der klassizistischen Periode, der neuen Sachlichkeit und der Durchsetzung der Montageverfahren im Wohnungsbau Ende der 50er Jahre. Sein Inhalt wandelte sich allerdings in der Folge dieser Perioden mehrmals.

Im Klassizismus vereinigte sich das vor allem durch die Naturwissenschaften geförderte Streben nach Systematisierung mit dem Vereinfachungsbemühen der Aufklärungsarchitekten. Wie die Botaniker das Pflanzenreich nach Gattung, Verband und Familie und Klasse einteilten, so versuchten auch Architekturtheoretiker wie Antoine Laugier eine ähnliche Systematisierung für die Architektur zu finden. Das Ziel war, der einfachen, klaren Formensprache der Architektur des „humanistischen“ Zeitalters ihre theoretische Entsprechung zu geben. Das Streben nach baulicher Typenbildung war eine antiindividualistische Setzung gegen die absolutistische und den Architekturphilosophen als Formenwillkür erschienene Ausdrucksweise des Spätbarocks. Bauliche Typen wurden gesucht als bewährte Muster, die eine neue Klarheit in das Stadtbild einbringen. Im Verlaufe des 19. Jahrhunderts wurde die Typisierung in der bekannten Weise des Historismus und Eklektizismus veräußerlicht. Die Bauwerke erhielten Attribute ehemaliger Gebäudetypen wie mittelalterlicher Burgen und Kirchen, wodurch sie einige Momente formaler Typik beibehielten, aber sie waren Gebilde, die als architektonische Einheit zerstört waren und das Typische nur noch als Symbolwert enthielt, der ohnehin oft semantisch leer war. Bei aller Sinnentleerung dieser Formen war die formale Typisierung aber von dem Willen nachästhetischer Wirkung begleitet.

Die in den 20er Jahren auch die Bauhauptmasse einbeziehende Vorfertigungstechnologie änderte das Bewußtsein vom Typ radikal. Neben dem kulturgeschichtlichen Typusbegriff entwickelten sich immer mehr verbindliche Standards als technische Normierungsvorschriften. Zwischen beiden Denkhaltungen, die zunächst unvereinbar schienen, entbrannte sofort ein heftiger Kampf, der 1914 auf der Kölner Werkbundtagung seine Exponenten in Muthesius und van de Velde fand.

Muthesius hatte die Ziele des Werkbundes thesenartig auf die Typisierung festgelegt:.

„1. Die Architektur und mit ihr das ganze Werkbundschaffen drängt nach Typisierung und kann nur durch sie diejenige allgemeine Bedeutung wiedererlangen, die ihr in Zeiten harmonischer Kultur eigen war.
2. Nur mit der Typisierung, die als Ergebnis einer heilsamen Konzentration aufzufassen ist, kann wieder ein allgemein geltender, sicherer Geschmack Eingang finden.“ /1/

Dagegen setzte van de Velde das Kredo des Künstlers:

„1. Solange es noch Künstler im Werkbund geben wird und solange diese noch einen Einfluß auf dessen Geschicke haben werden, werden sie gegen jeden Vorschlag eines Kanons oder einer Typisierung protestieren. Der Künstler ist seiner inneren Essenz nach glühender Individualist, freier spontaner Schöpfer, aus freien Stücken wird er niemals einer Disziplin sich unterordnen, die ihm einen Typ, einen Kanon aufzwingt…“ /2/

Muthesius, der zweifelsohne die Interessen der expandierenden Großindustrie vertrat, hatte in seinem noch unklaren Typusbegriff aber das durch industrielle Produktion gezeichnete Wesen der neuen Typisierung erkannt. Van de Velde bestand auf Qualitätsansprüche und ihr Streit war Ausdruck des Widerspruchs zwischen der als objektiv notwendig erkannten Standardisierung der Produkte und der als Kulturprodukt sich ständig reproduzierenden Typologie, zwischen Standard und Typus. Die Standards begriff van de Velde als äußerliche, nur produktionstechnisch gesetzte Typen oder als ausgedachte, modische Formen, die ihren Charakter als Typus nicht durch ihre Qualität, sondern nur durch ihre massenhafte Vervielfältigung erheischten. Er nennt sie „A-priori-Typen“. In seiner Entgegnung zu Muthesius` Thesen schreibt er, daß erst nach mehreren Generationen „die Physiognomie eines neuen Stils fixiert sein wird, und daß erst nach Verlauf einer ganzen Periode von Anstrengungen die Rede von Typen und Typisierung sein kann.“ /3/ Und weiter: „Das Verlangen, einen Typ noch vor dem Werden eines Stils erstehen zu lassen, ist geradezu dem Verlangen gleichzusetzen, die Wirkung vor der Ursache sehen zu wollen.“ /4/

Hier ist das Dilemma der Architekturentwicklung unseres Jahrhunderts visionär beschrieben: Die Notwendigkeit zur Industrialisierung einerseits und die Unfähigkeit der Industrie andererseits, auf dem damaligen Entwicklungsniveau der Bauindustrie, das dem des mechanischen Webstuhls im 19. Jahrhundert entsprach und sich nur sehr langsam weiterentwickelte, das Problem des Typus in der Architektur zu lösen. Weder die Produktivkräfte noch die politischen und sozialen Bedingungen waren dafür reif. So blieben nur 2 Auswege: Die zur Monotonie tendierende industrielle Multiplikation unreifer Lösungen oder die individuelle Handwerkelei, die allerdings auch mehr und mehr zu formalistischen Lösungen führte, als daß sie typische Bauformen weiterentwickelte.

Ich habe hier van de Veldes Haltung wegen ihrer Vorsorge für den Typus hervorgehoben, die er – allerdings weniger explizit – gegen den Standard einnahm. Ich will ihn noch einmal zitieren: „Wir haben von Anfang an jedem, der es hören wollte, versichert, daß wir uns der Industrie und der mechanischen Fabrikation anpassen würden, aber wir wären Toren, wenn wir uns durch unsere Gutmütigkeit und durch unsere Angst, rückständig zu bleiben, dazu verleiten ließen, irgendwelchen Teil an der Verantwortung für Gegenstände zu nehmen, die ohne jede Rücksicht auf Vollkommenheit … ausgeführt werden.“ /5/

Gropius, der die Partei van de Veldes ergriffen hatte, begab sich später ausdrücklich auf die Position der industriellen Fertigung: „Die Schaffung von Typen für die nützlichen Gegenstände des täglichen Gebrauchs ist eine soziale Notwendigkeit. Die Lebensbedürfnisse der Mehrzahl der Menschen sind in der Hauptsache gleichartig. Haus und Hausgeräte sind Angelegenheiten des Massenbedarfs, ihre Gestaltung mehr eine Sache der Vernunft als eine Sache der Leidenschaft. Die Typen schaffende Maschine ist ein wirksames Mittel, das Individuum durch mechanische Hilfskräfte – Dampf und Elektrizität – von eigener materieller Arbeit zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse zu befreien und ihm vervielfältigte Erzeugnisse billiger und besser als von der Hand gefertigt zu verschaffen.“ /6/

Gropius – das geht allerdings aus diesem Zitat nicht hervor – hat damit seine kultur-ästhetischen Ansprüche an den Typ nicht aufgegeben, er hat sie aber angesichts unlösbarer Widersprüche suspendiert. Vorrang hatte angesichts der großen Not die Verbesserung der Wohnungssituation und damit die massenhafte Produktion von Wohnraum mittels standardisierter Elemente. Der politisch-soziale Impetus einer solchen, auf ökonomisches Bauen gerichteten Haltung läßt sich erst im Vergleich mit den anderen Stimmen dieser Zeit genügend würdigen, die keineswegs in der Minderheit waren. „Die Sehnsucht der Menschen,“ so schrieb beispielsweise B. Hoetger 1928, „wird bestimmend sein, nicht die Frage der Rentabilität. Wir wollen den individuellen Raum, nicht das Fabrikat, wir wollen Persönlichkeit, nicht Norm, nicht Schema, nicht Serie, nicht Typ.“ /7/

Die Weiterführung der individualistischen Richtung war angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Krise im Jahre 1928, als diese Sätze geschrieben wurden, anachronistisch, mag man daraus auch genügend Abneignng gegen das kapitalistische Rentabilitätsdenken und Profitstreben ablesen und die humanistische Gesinnung ihres Verfassers anerkennen. Eine industrielle Umsetzung dieses Humanismus war gesellschaftlich nicht möglich.

Die dritte Phase der Typisierung setzte zu Beginn der 50er Jahre ein und war zunächst an einen kulturhistorisch geprägten Typusbegriff orientiert. Das Typische wurde in der Dimension des Stils gesucht. Als in der 2. Hälfte der 50er Jahre die Ideologisierung der Architektur in den Begriffen der alten Baukunst überwunden war, wurde der stilistische Typus durch den technischen Standard ersetzt. Der Massenbedarf an Wohnungen war durch die Kriegszerstörungen und die Umsiedler noch größer geworden, und konnte nur durch Industrialisierung abgedeckt werden.
Kurt Junghanns drückte die Zielrichtung aus, als er davon sprach; daß die ‑„Typisierung einen ganz anderen und viel tieferen Inhalt als im 18. Jahrhundert (hat): Sie ist Methode und Ausdruck der planmäßigen Sorge um den Menschen.“ /8/ Die Typisierung wurde als die grundlegende Entwicklungsrichtung der sozialistischen Architektur beschrieben, die weit über den Anlaß zur Beseitigung der Wohnungsnot Gültigkeit habe. „Auch wenn,“ so schrieb Junghanns weiter, „wie zu erwarten, die Technik uns die Möglichkeit geben wird, mit Hilfe genormter Fertigbauteile Gebäude in individueller Gestaltung zu bauen, so bleibt aller Voraussicht nach der Wohnungsbau auf der Grundlage von Typensektionen wegen seiner Wirtschaftlichkeit der maßgebende, charakteristische Kern.“ /9/ Und: „Ganz unrealistisch ist die Methode, der Gefahr des Schematismus durch individuelle Drapierung der einzelnen typisierten Hauseinheiten … zu entgehen.“ /10/ – Eine Warnung übrigens, die angesichts der neuesten dekorativen Tendenzen wieder aktuell ist.

Die Typenprojektierung setzte auf noch unentwickelter technologischer Basis, aber im nationalen Maßstab die sozialen Bestrebungen der Architekten der neuen Sachlichkeit fort. „Die Typenprojektierung ist in erster Linie eine ökonomische, volkswirtschaftliche Angelegenheit,“ schrieb der Leiter der Abteilung Typenprojektierung der Bauakademie, Hans Schmidt. /11/ Es war realistisch, die Typenprojektierung daher zunächst als Entwicklung technischer Standards und weniger als Entwicklung einer architektonischen und städtebaulichen Typologie zu begreifen. Dabei ging aber verloren, daß der Übergang zur industriellen Bauproduktion ein gewaltiger qualitativer Entwicklungssprung war, der mit dem technischen Fortschritt früherer Zeiten nicht zu vergleichen war. Diesen Entwicklungssprung wollte Schmidt in dem Zusammenhang nicht sehen. Als jemand auf die Gefahr der Monotonie und des Schematismus hinwies, stellte er deshalb die rhetorische Frage, „ob sie bei irgendeinem der großen Architekten von Vitruv über Alberti sogar bis Semper jemals lesen würden, daß diese Architekten zwischen der fortgeschrittensten Bauweise ihrer Zeit und ihren architektonischen Aspirationen einen Gegensatz spürten? Im Gegenteil; diese Architekten haben das Neue mit Begeisterung ergriffen und irre Architektur darauf begründet … Wir sollten eigentlich einmal aufhören mit diesem Geschwätz von Monotonie.“ /12/ Schmidts blauäugiges Bekenntnis zur Industrialisierung erfolgte in einer Zeit, als an das Niveau der Massenfertigung wenig Ansprüche gestellt werden konnten. Die technischen und organisatorischen Bedingungen, aber auch das theoretische Wissen um den architekturspezifischen Charakter der Massenproduktion ließen nur die mechanische Reproduktion von Grundmodellen zu. Das hatte zur Folge, daß die Industrialisierung der Bauproduktion nach den gleichen Prinzipien durchgeführt wurde, wie die von beliebigen Produkten oder Konsumgütern. Die spezifische Funktionsweise der Architektur im gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß, besonders der Einfluß der kulturellen Standortbedingungen und die ideell-ästhetische Funktion der Architektur unter den Bedingungen der industriellen Produktion war wenig untersucht. Die bekannten Erscheinungen von Monotonie konnten unter diesen Bedingungen weder her – noch weggeredet werden. Schmidts Versuch, den modischen Erscheinungen des Technikpessimismus zu begegnen, konnte deshalb nur teilweise gelingen.

Nach mehreren Jahrzehnten Industrialisierung zeichnen sich inzwischen Entwicklungen ab, die zur Wiederherstellung des spezifisch architektonischen Charakters der gebauten Umwelt unter industriellen Produktionsbedingungen führen können. Dabei zeigt sich, daß die Qualität der seriellen Bauproduktion nicht in erster Linie durch Monotonie gefährdet ist, sondern durch den Mangel an Typischem, durch eine typologische Leere des Gebauten. Das heißt, daß die Aufhebung von Monotonie nicht einfach in Vielfalt, sondern in typologischer Vielfalt erfolgen muß.

Standards und Typen

Standards und Typen sind Ergebnisse von Prozessen, die auf Vereinheitlichung gerichtet sind. Aber der Charakter dieser Prozesse und ihre Zielrichtung sind verschieden. Ebenso sind auch die Rollen, die Standards und Typen bei der Gestaltung der gegenständlichen Umwelt des Menschen einnehmen, unterschiedlich.

Die hier kritisierte, im allgemeinen Sprachgebrauch anzutreffende weitgehende Gleichsetzung von „Standardisierung“ und „Typisierung“ ist nicht nur Ausdruck und Anlaß verhängnisvoller theoretischer Irrtümer, sondern sie führte auch dazu, daß die Entwicklung von Typen in der Architektur (die „Typenprojektierung“) zu Standardisierungsaufgaben für die Bauindustrie verkürzt werden konnten. Was sind Standards und Typen und worin unterscheiden sie sich?

Standards
– Standards sind Vorschriften oder Festlegungen, die einheitlich anzuwendende Lösungen von Aufgaben enthalten. Sie gelten für bestimmte Bereiche, in denen diese Aufgaben wiederkehren. /13/
– Sie können nur dort angewandt werden, wo der Lösungsweg eindeutig definiert ist (d.h. auch nicht dort, wo das Problemlösungsverfahren heuristisch ist).
– Der Prozeß der Lösungsfindung und das Ergebnis sind in Bezug auf die Ausgangssituation eindeutig bestimmt. Standards besitzen ein hohes Determinationsniveau.
– Die Vorschriften orientieren auf quantitative Kennwerte (Maße, Anzahl).
– Standards sind technische Regelwerke oder Teile von ihnen, die aus praktischen und technischen Anforderungen hervorgehen.
– Ziel der Aufstellung von Standards ist die Bereitstellung von eindeutig bestimmten Problemlösungsbausteinen, die miteinander kombinierbar sind (Anschlüsse, Paßgenauigkeiten usw.).

Der Typus ist gegen den Standard folgendermaßen bestimmt:

– Der Prozeß, aus dem er hervorgeht, entwickelt sich auf einem relativ geringen Determinationsniveau. In der Formulierung des Typs besteht eine Unschärfe. Bei der Bestimmung der Zugehörigkeit zu einem Typ gilt für seine Konkretisationen nicht der Grundsatz der Identität, sondern der Ähnlichkeit.
– Der Typ ist bezogen auf seine Realisation ein Analogmuster. Er ist eine Invariante über einer Menge möglicher Lösungen, die untereinander eine gewisse Streubreite besitzen.
– Der Typus ist das Ergebnis komplexer Anforderungs- und Bedingungsstrukturen, keinesfalls nur technischer Art.
– Der Typus ist ein integratives Kulturprodukt in einer historisch konkreten Situation der gesellschaftlichen Entwicklung.

Bezieht man die Inhalte der Begriffe „Standard“ und „Typus“ auf die realen Anwendungsfälle unserer Praxis, so kann man viele Gestalten finden, die dem Charakter des Standards entsprechen, aber wenige, die Eigenschaften des Typus versinnbildlichen. Diese Feststellung trifft auf die Masse der in Vorfertigungstechnologie hergestellten Gebäude zu. Wiederverwendungsprojekte sind keine Typen, sondern Standards in der Größenordnung von Gebäuden. Die örtliche Anpassung an die Geländetopographie, das Versorgungsnetz usw., die meist bei der Wiederverwendung erfolgen muß, ist nicht als Variation oder Modifikation des Grundmusters zu verstehen, sondern als Vervollständigung des ansonsten ganzheitlich standardisierten Produktes. Es sind partikuläre Standards mit unvermindert hohem Determinationsniveau. Es sind die „Typenprojekte“ des Wohnungsbaues nicht eigentlich Typen, sondern Sammlungen standardisierter Einheiten auf der Ebene von Blöcken und neuerdings Segmenten. Die Variationsbreite in der Oberflächenbehandlung der Elemente, in der Farbe, der Loggienanordnung usw. entspricht nicht demjenigen Grad an Komplexität der Entscheidungen, nicht dem Grad an strukturellen Konsequenzen für das Gefüge und nicht der inhaltlich begründeten Individualisierung, die es erlauben würden, von einem Typ zu sprechen. Beim Typ muß die Variationsbreite des Grundmusters seinem Komplexitätsniveau angemessen sein. Für ein architektonisches Gebilde reicht deshalb eine farbliche Nuancierung der Fassade beispielsweise nicht aus, sie muß räumlich entwickelt sein, um dem Variabilitätsmaß eines Typs zu entsprechen.

Bei aller Problematik, die sich hinter diesem Thema noch verbirgt, läßt sich feststellen, daß der Typus wesentlich umfassender bestimmt werden muß als durch die Eigenschaft der Reproduktionsfähigkeit eines Musters. Ein gegenstandsspezifisches Verhältnis von Norm und Abweichung, von Stabilem und Variablem begründet den Typ. In der Architektur ist dieses Verhältnis bedeutsamer als bei einfachen strukturierten Produkten. Das kommt daher, weil die Variationsbreite des Typs das Feld der möglichen Anforderungen an diesen Gegenstand widerspiegeln muß, ohne damit den Charakter des Typs zu sprengen.

Hans Schmidt hatte dieses Widerspruchsverhältnis so gesehen: „Dem Streben nach Vereinheitlichung und nach einer möglichst geringen Zahl von Typen steht die Vielfalt der Bestimmungen, der Funktionen gegenüber.“ /14/ Er lehnt die Auflösung dieses Widerspruchs durch eine Vorrangstellung der Funktion ab, wie sie in Scharouns Bauten und Entwürfen vorzufinden sei (vor allem aber in Härings Konzeption der „Leistungsform“ Ausdruck fand). Deshalb – so schlußfolgert er – „müssen wir zunächst einmal … auf eine größtmögliche Typisierung der Funktionen drängen.“ Angestrebt wurde ein Bau, „der alles Zufällige, nur Einmalige, Spontane, nicht Typische ausscheidet.“ /15/ Schmidt drängt in dieser Frühphase der Industrialisierung auf eine Vereinheitlichung der Form (aus technisch-ökonomischen Gründen), derentwillen auch die Funktionen vereinheitlicht werden müssen. Angesichts dessen, daß letzteres entweder die Gleichschaltung aller Anforderungen an das Bauen oder aber die Reduzierung dieser Anforderungen auf den egalen Anteil bedeuten mußte, führte diese Auffassung nicht zum Typ, sondern zum Standard, nicht zur dialektischen Behandlung dieser Frage, sondern zur mechanischen. Wenn die zur Differenzierung Anlaß gebenden Faktoren eliminiert werden, bleibt nur die mechanische Vervielfältigung des Musters bei evtl. zusätzlicher Drapierung des Gleichförmigen übrig – eine Notlösung, die noch nicht zur Spezifik der architektonischen Typisierung vorgedrungen ist. Der architektonische Typ ist nur als dialektische Auflösung des Widerspruchs von massenhaft wiederkehrenden Ansprüchen und singulären, standortbedingten Anforderungen zu entwickeln und entspricht damit einem Verhältnis von Individuellem und Allgemeinem, das der Mensch offensichtlich seiner gegenständlichen Umwelt als Ganzheit und darin der Architektur als milieuprägenden Teil auf spezifische Art zuzuordnen geneigt ist.

Die Bestimmung des Typs als bloß reproduktionsfähiges Muster genügt diesem Begriff nicht. Die massenhafte Wiederholung eines Exemplars nach der Maßgabe einer Schablone schafft nicht den Typ, sondern die Sorte. Die Sorte ist die Menge der Exemplare eines schematisch reproduzierten Musters, die sich „nur durch ihre Ortung unterscheiden.“ Diese Bestimmung des – wie er es nennt – „seriellen“ oder „reproduktiven Typs“ hat L. Kühne gegeben. /16/ Sie gilt für die maschinelle Herstellungsweise eines bestimmten, in seinem Umfang noch zu definierenden Kreises von Produkten, nicht aber für die entwickelte Form der industriellen Produktion von Architektur.

Die in maschineller Serienproduktion fabrizierten Produktsortimente werden in technischen Systemen immer häufiger verwendet, von der Schraube bis zum Chip. Sie entsprechen dem Determinationsniveau von Standards und gehen aus ihnen hervor. Zum Typ treten sie aber nur als dessen Bestandteil in Beziehung, wie das Element zur Ganzheit. Standardisierte Produkte können in der Architektur wichtige Trag-, Hüll-, Ausstattungs- und sonstige Elemente darstellen, aber die für die Wahrnehmung und umfassende Aneignung von Architektur durch die Menschen wesentliche Formebene ist in dem hier beschriebenen Sinne typologischer Natur.

Die spezifische Erscheinungsform von Architektur ist der Typ, das gilt allgemein und schließt ein, daß sowohl individualistische Einzelformen als auch standardisierte Wiederverwendungsprojekte /17/ möglich sind, aber auch in diesen Fällen muß die Form für die Benutzer zum Typ tendieren, im ersten Falle durch die ideelle Ergänzung eines allgemeinen Prinzips, im zweiten durch eine Wahrnehmungssituation, die das serielle Produkt von seinen gleichen Brüdern absondert und entsprechend seiner Rolle im städtischen Kontext individualisiert.

Auch im Prozeß des Hervorbringens von Architektur spielen Typen und Standards in bestimmten Phasen unterschiedliche Rollen. So ist die Entwurfsphase im besonderen Maße typologisch orientiert. Sie ist durch die Suche nach den Grundmustern gekennzeichnet, die den orts- und zeitgemäßen Strukturen der Bauaufgabe zugehören. /18/ Die Projektierungsphase setzt diese Grundmuster in das gültige Regelwerk der Standards um und selektiert die entsprechenden Sortimente. Wie das Entwerfen dem Projektieren vor- und übergeordnet ist, so verhält sich der Typ zum Standard wie der Zweck zum Mittel, d.h. der Typ, die kulturelle Normierung ist der technischen Normierung, dem Standard, entwurfsmethodisch übergeordnet. Der Standard ist dem Typ subordiniert.

An dieser Stelle muß auf ein mögliches Mißverständnis hingewiesen werden. Der Typ, der aus dem Kulturzustand einer historischen Entwicklung erwächst, ist damit nicht „kulturvoller“ im Sinne eines qualitätsetzenden Begriffes als der
Standard, der Umgang mit Standards nicht „niedriger“ als der mit Typen. Das Motiv, die Standardisierung zur Lösung des Wohnungsproblems zu entwickeln, ist kein technisches, sondern ein soziales Motiv und damit eminent kulturprägend. Darin ist der Unterschied zwischen Standard und Typus nicht zu begreifen. Er liegt vielmehr in der Determination der Sache selbst. Die Standards gehen aus bestimmten technischen, technologischen und ökonomischen Anforderungen hervor, der Typ aber aus allen. Wegen dieser im Prinzip totalen, man könnte auch sagen: monistischen Bestimmung des Typs wird er zu einem Phänomen der Kultur.

Standards sind Ergebnisse wissenschaftlicher Analysen und gehen aus spezifischen Tätigkeiten hervor, die in speziell für diesen Zweck eingerichteten Büros erfolgen. „Standardisierung“ ist Aufstellen und Anwenden von Standards. Im Gegensatz zu dieser bewußten und organisierten Normierungstätigkeit entwickelten sich die Typen in der Geschichte der Architektur über lange Zeiträume als gesamtgesellschaftliche
Lernprozesse, in denen eine Mischung aus Rationalität, Empfindsamkeit und spontanem Handeln aus der Menge des Möglichen immer wieder das Beste aussonderte und weiterentwickelte. Heute hat sich das Entwicklungstempo unvergleichlich beschleunigt, so daß sich die Anforderungen an das Bauen in Zeiträumen verändern, die das organische Wachsen der Typen nach dem Muster früherer Zeiten nicht erlauben. Um so wichtiger ist es, daß die (Weiter-) Entwicklung von Typen nicht als Aufgabe weniger, in entsprechenden Projektierungseinrichtungen zusammengeschlossener Spezialisten verstanden wird, sondern daß die hohe Komplexität der Typenbildung in zeitlich geraffter Form erhalten bleibt – und zwar durch ein hohes Niveau der Verwissenschaftlichung und der Demokratisierung dieses Prozesses. Die Entwicklung von Typen der gegenständlichen Umwelt muß aus einem gesamtgesellschaftlichen Prozeß hervorgehen, an dem jedes Gesellschaftsmitglied in unterschiedlichster Form – durch Interessenvertretung, durch wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit, durch Selbstbau usw. – beteiligt ist.

Der architektonische Typus

Der Begriff des Typus ist, wie ich darzustellen versuchte, keineswegs an die industrielle Serienproduktion gebunden, gerät aber durch diese in eine bedenkliche Nähe zum „Standard.“ Die Bedenklichkeit resultiert aus dem Einfluß des deterministischen und mechanischen Denkens auf den Entwurf und auf eine mögliche Monotonie der Umwelt. Aber das typologische und das serielle Moment sind keineswegs unvereinbar, wie weiter hinten – nach der notwendigen Bedenklichkeit – aufgezeigt werden soll.

Die Rolle des Typus in der Architektur hat sich historisch kaum geändert, wohl aber seine konkrete Ausprägung, seine Entstehungs- und Aneignungsweise. Das Attribut der Dauer verliehen merkwürdigerweise gerade die Neuerer der Architektur dem Typus und verwiesen auf ihn, wenn sie den Einfluß der Massenproduktion auf die Lebensumstände beschrieben, wie Gropius im Jahre 1926: ‑„… die annahme, eine industrialisierung des bauwesens würde eine vergewaltigung des individuums und eine verhäßlichung der bauform nach sich ziehen, ist durchaus irrig. sie ist nur durch mißverstandene, schematische anwendung von typen entstanden, die noch subjektiven charakter tragen oder sie resultieren aus wirtschaftlichen nebeninteressen einzelner gruppen. denn der typ ist nicht ein hemmnis kultureller entwicklung, sondern geradezu eine ihrer voraussetzungen. er birgt die auslese des besten in sich und scheidet das elementare, überindividuelle vom subjektiven ab, das märchen von der vergewaltigung des individuums durch typung und normung schwindet bei einem genauen rückblick auf die geschichte. immer war der typ ein zeichen gesitteter gesellschaftlicher ordnung.“ /19/

Auch in der ersten Phase der Typenprojektierung in der DDR wird dieser Schritt gern mit Blick auf die Geschichte begründet. So schrieb Hans Schmidt 1957: „Die ganze Geschichte der Baukunst beweist, daß das typisierte Bauen in jeder Epoche ein wesentliches Element der Architektur gebildet hat. Der Anblick alter Dörfer und Städte zeigt, daß die Typisierung zum Gegenteil von dem geführt hat, was viele Architekten und Laien heute befürchten.“ /20/ Und einige Monate früher hatte er schon erklärt: „Wir haben … keinen Grund, die Typisierung ganzer Gebäude, die Typenprojektierung, als Gefahr für die Architektur zu fürchten. Im Gegenteil, wir werden auf diesem Wege den verschütteten Weg zur Architektur wiederfinden.“ /21/ Schmidt hatte die Rolle des Typus in der Architektur theoretisch richtig gefaßt, wenngleich seine konkrete Bestimmung unklar blieb und die Ausführung den beschriebenen Charakter von baukörperlichen Standards erhielt.

Wo Architekten das Typologische der Architektur hervorheben, reflektieren sie auf

a) das Typische als das Überindividuelle, Gemeinschaftliche: 0. Schlemmer: „… vom Selbstzweck Einzel-Ich im Anmarsch auf das Typische“ /22/
b) das Typische als das Gesetzliche, Normative: H. Schmidt: Durch Typisieren den „Willen zur Gesetzmäßigkeit“ wiedererwecken (wie oben)
c) das Typische als das Rationale: Le Corbusier: „Typen sind Sachen der Logik, der Analyse, gewissenhaften Studiums; sie entstehen auf Grund eines richtig gestellten Problems. Die Erfahrung legt den Typ dann endgültig fest.“ /24/

Die Ausrichtung auf das Überindividuelle, Gesetzliche oder Rationale zielt immer auf eine allgemeine Forminvariante, die den komplexen Anforderungen an Architektur gerecht wird. Wie aber diese Anforderungen grob in technische, praktische und ästhetische unterteilt werden können, findet sich auch das Bewährte (oder sich Bewährende) des Typs in dieser Dreiheit wieder.

Der Typ als technisch-technologischer Begriff:
Bewährte Grundmuster der Lastableitung, wie die Kombination von Pfeiler und Stütze, begründen diesen Begriff, aber auch allgemeine technologische Verfahren wie die Montagebauweise. Viele technische Prinzipien verdanken ihre Existenz als Typ einem analogen Muster aus der Natur (z. B. Schalenkonstruktionen).

Der Typ als praktisch-funktioneller Begriff:
Das Typische entwickelt sich als Substrat der nutzertechnologischen Anforderungen, es ist ein bewährtes Modell gegenständlichen Verhaltens und die bauliche Essenz der gesellschaftlichen Praxis. Als praktisch-funktioneller Begriff ist der Typ ein historisch gewordenes und veränderliches Grundmuster bewährter Raumordnung. Die Raumstruktur ist dabei Widerspiegelung von Verhaltensweisen, die teilweise selbst schon standardisiert sind und auf die Architektur stereotyp rückwirken. /25/

Der Typ als ästhetisch-informationeller Begriff:
Eine gewohnte Erscheinung wird zum Zeichen für die Erfahrung mit dieser Form. Der Typus ist der Signifikant der Gesamtheit von Verhaltensweisen, die die Mitglieder eines Kulturkreises ihnen zuordnen. Zusammenhänge zwischen einer Form und einer Funktion, seien sie logisch aufeinander bezogen oder arbiträr gesetzt, machen Funktionen sinnlich erlebbar, wenn diese Zusammenhänge als Konventionen verinnerlicht werden. Der Typ ist eine Gestalt, deren Form und Bedeutung innerhalb der Grenzen einer Kultur verstanden werden. Er ist die Grundlage allen zeichenvermittelten Verhaltens in Architektur, weil er die Voraussetzungen für diese Vermittlung aus sich selbst, aus Architektur schafft. Alle anderen, aus anderen Medien übernommenen Kodes sind dazu nur Ergänzungen /26/. Den kommunikativen Aspekt der Typisierung hatte auch schon Gropius im Auge, als er (in den Grundsätzen zur Bauhausproduktion) die Formbeschränkung mit der Verständlichkeit der Formen in Zusammenhang brachte. Zur „Werkgesinnung“ gehören die „Beschränkung auf typische, jedem verständliche Grundformen und -farben“ sagte er. /27/

Erst in der Einheit der technischen, praktischen und ästhetischen Aspekte wird der Typ zu einem Kulturbegriff und erst als Kulturbegriff wird der Typ zum dialektischen Pendant für den Standard. Der Typ schöpft seine Unveränderlichkeit und
seine Varianz aus der Einheit und den Widersprüchen der mannigfaltigen Ansprüche an ihn. Dort, wo die technischen Bedingungen der Herstellung und die materiellen und ideellen Anforderungen und Bedürfnisse annähernd konstant sind, wird sich eine Forminvariante herausbilden, die als unbewegliche Konstituente des Typs fungiert. /28/

Der Typus in der Architektur ist ein sozialräumliches Kulturprodukt. Er ist sowohl Prototyp, Vorwegnahme eines Modells künftiger Lebensweise als auch historisch gewordenes Grundmuster bewährter Raumordnung. Er ist als bauliche Invariante gattungsprägend. Die Gattung entspricht dem Thema als Grundfunktion des Gebäudes (z.B. Kindergarten, Freizeitklub). Die Gattung wird hauptsächlich durch praktisch-funktionelle Eigenschaften festgelegt, der Typ aber ist auch technisch und ästhetisch bestimmt.

Der Typ ist ein klassifikatorischer Begriff gegenüber der Gesamtheit der Architektur und zugleich ein selektiver Begriff gegenüber den Möglichkeiten der Gattung. Er beschränkt diese Möglichkeiten, indem er ihnen das Kriterium der Angemessenheit anlegt – nach innen und nach außen. Typen sind gleichgewichtige Gebilde zwischen Funktion, Technik und Ästhetik, die in relativ stabilen Umgebungszuständen relevante Bedürfnisse abdecken und deshalb massenhaft gebraucht werden. Die Elastizität ihrer Gestalt ermöglicht zugleich eine Anpassung an die Individuationen, die in den spezifisch architektonischen Anforderungssystemen immer enthalten sind.

Die kategoriale Bedeutung des Typus in der Architekturtheorie wird noch deutlicher, wenn er klassifikatorisch angewandt wird, d.h., wenn aus dem Thema „Typus“ eine architektonische Typologie entwickelt wird. Auf diesem Wege sind noch viele Fragen unbeantwortet und ungestellt. /29/ Auf welcher Ebene muß eine architektonische Typologie definiert werden? Sie in den Dimensionen der Bautechnik zu suchen, etwa Fachwerkhäuser, Schalenkonstruktionen und Betonkonstruktionen zur typologischen Basis zu machen, verbietet sich ebenso wie die Typen thematisch zu ordnen – z.B. in Kaufhäuser, Schulen, Theater, Wohngebäude, oder in stilgeschichtlichen Vorgängen eine typologische Grundlage zu suchen – z.B. romanische, gotische, barocke Gebäude. Das sind jeweils nur Ordnungen unter einzelnen Aspekten, sie entsprechen nicht dem komplexen Charakter des Typus. Aus ihnen können nur formale Musterkollektionen oder Lehrbücher einzelner Fachbereiche hervorgehen, aber keine typologischen Strukturen. Die Abstraktionen, die zu solchen Klassifikationen führen, sind zu hoch und zu einschichtig für den Typus, der durch die Permanenz eines Themas und dessen Beziehung zu den technischen und formalen Mitteln seiner Ausführung charakterisiert ist. Es wäre dagegen vorstellbar, ein Leipziger Messehaus oder einen kleinstädtischen Marktplatz zu typologischen Exemplaren zu erklären. Hier soll den notwendigen Untersuchungen nicht vorgegriffen werden. Es läßt sich aber schon jetzt sagen, daß eine wichtige Rolle bei der Festschreibung typologischer Invarianten die Frage nach denjenigen baulichen Einheiten spielen wird, die ganzheitlich erlebt und genutzt werden und die als in Zeit und Raum genauso wiederholbar wie einmalig empfunden werden. Eine Typologie, die die klassifikatorischen Interessen des Publikums unberücksichtigt läßt, wird den Typus der Architektur jedenfalls nicht erfassen.

Der Typusbegriff in der Venezianischen Schule
Die städtebauliche Sicht auf den Typus ist die entscheidende Voraussetzung, um im Typus die Komplexität seiner Veranlagung nicht zu verlieren. Im städtischen Kontext treffen sich die sozialen, ökonomischen, volkswirtschaftlichen, historischen, politischen, ästhetischen und technischen Faktoren, die den Typus als Kulturprodukt konstituieren. Die Gebäudetypologie ist nur im Verhältnis zur städtischen Morphologie zu begreifen, um – wie es Aymonino schreibt – „die Typologie in der Bedeutung zu diskutieren, die sie für die Bestimmung der Struktur der modernen und zeitgenössischen Stadt hat“. /30/ Wie die architektonische Typologie die urbanistische Dimension zur Bedingung hat, so braucht der Städtebau das typologische Denken, sonst endet er im bloßen Kontextualismus. Der Kontextualismus ist die Methode der formalen Harmonisierung räumlich zusammenhängender Bereiche. Er ist auf Angleichung, nicht auf Ausdruck aus; er nivelliert, anstatt typologisch zu betonen.

Die typologische Methode der Planung ging in den letzten 2 Jahrzehnten vor allem von der sogenannten Venezianischen Schule aus. Die Betonung des rationalen Elementes der typologischen Planung führte auch zu der Bezeichnung „Rationalismus“, der aber nur wenig mit dem Rationalismus der 20er Jahre gemein hat. Während damals die gedankliche Logik den funktionalen Abläufen und technischen Systemen galt, gilt sie nun der typologischen Form, die die praktischen und technischen Momente involviert.

Die inzwischen weltweit verstreuten Anhänger der Venezianischen Schule haben verschiedene Konzepte entwickelt. /31/ Grundsätzlich sind zwei Modi der Typenbildung zu unterscheiden. Die eine ist idealistisch. Ihre Hauptvertreter sind Aldo Rossi und Ungers. Die Stadtbaulehre wird auf eine Formenlehre reduziert, der Typus entsteht durch formale Reduktion der Architektur, er ist die zugrundeliegende Idee von Architektur. Es werden das „Wesen der Form“ und die „Prinzipien der Architektur“ gesucht, die durch Modifikationen des Realen … die Struktur aller menschlichen Schöpfungen konstituieren“ (A. Rossi). /32/

Der Typ wird zu einer Ursprungskategorie, zum Archetypus, der aller sozialen Dimension entleert ist. Die Architektur wird autonom behandelt, die Typologie wird ahistorisch, die Typen werden semantisch entleert. Eine weitere Abstraktion findet sich in der Konzeption von Leon Krier, der den Entwurf als Archetypus aller Architektur auffaßt und die Typologie aus der „Urhütte“ entwickelt. Er beruft sich auf die Aufklärungsarchitektur, speziell auf Laugier, der sagte, „daß in der ganzen Baukunst nichts ist als die Säule, das Gebälke über den Säulen und der Giebel, die im Wesentlichen in ihre Zusammensetzung können gebracht werden. Wenn jede von diesen dreyen Stücken ihren Platz in der Stellung und Ordnung, und mit der Form, die ihnen zukommt, erhält, so wird man nichts mehr zu der Vollkommenheit des Werkes hinzu thun können.“ /33/ So soll der Ursprung allen Raumschaffens nachgebildet werden.

Die andere Typenbildung ist sozialräumlich. Ihre Hauptvertreter sind Aymonino, Panerai u.a. Sie geben davon aus, daß die Permanenz einer Merkmalskombination historischer und nicht wie bei Rossi archetypischer Natur ist. Für Aymonino ist „… die Gebäudelehre … die Lehre von den strukturell-organisatorischen, artifiziellen Elementen (und hierunter sind nicht nur die Gebäude, sondern auoh die Stadtmauern, die Straßen, die Gärten zu verstehen, die bauliche Masse der Stadt), welche zum Ziele hat, diese Elemente in bezug auf die städtische Form einer bestimmten Epoohe (…) zu klassifizieren“. /34/ Hier ist die Architektur von einem autonomen zu einem betont städtischen, sozialen und historischen Phänomen geworden. Aymonino bezeichnet seine Methode als strukturell-organisatorisch im Gegensatz zur stilistisch-formalen Methode Rossis. /35/

Das Moment der Veränderung im allgemeinen und des sozialen Wandels im besonderen ist in dieser Konzeption enthalten, aber der Wandel wird auch als Kontinuität verstanden. Die Veränderung der Typen folgt Modellen, in denen konventionelle Elemente das Verständnis trotz Wandel des Kodes aufrechterhalten. Anthony Vidler, der allerdings in der Tradition Rossis dem formalen Typusbegriff anhängt, spricht von der Stadt als Paradigma für „Transformationen ausgewählter Typen – teilweise oder ganz – zu vollkommen neuen Einheiten, die ihre kommunikative Macht und ihre möglichen Kriterien aus dem Verständnis dieser Transformation ableiten.“ /36/ Die historische Kontinuität wird nicht dadurch erhalten, daß die Formen erhalten bleiben, sondern durch eine erlebbare und geistig nachvollziehbare Transformation des Kodes, d.h. in diesem Konzept wird der Zusammenhang von Formenwandel und Wandel der Bedingungen selbst erlebbar. Die Formensprache kommuniziert auch ihre eigene Entwicklung.

Im Typus finden wir ein Modell vor, wie sich in der Architekturform das soziale Moment mehrfach realisiert: als kommunikative Disposition der Nutzer (und der Architekten) und als Verhaltensdisposition. Form und Funktion, Ästhetisches und Soziales sind schon in den Voraussetzungen des Entwurfs verbunden, sie werden nicht erst im Entwurfsakt zum Kompromiß geführt.

Mehrdimensionale Typisierung
Die typologische Richtung der Architektur, d.h. die Analyse und der Entwurf von Architektur in Modellen von Invarianten, die auf historischen, räumlichen und funktionellen Analogien beruhen, ist vor allem unter dem Aspekt der kulturell-ästhetischen Entwicklung unserer Architektur wichtig. Die Kategorisierung des Typs als Konstituente des Entwurfs schafft eine wichtige Voraussetzung dafür, daß im Nutzungsprozeß die Architektur wieder inhaltlich erlebt werden kann und daß sie für die Nutzer wieder den Ausdruck erhält, der der Architektur infolge ihrer Bedeutung und Funktion zukommt. Hier liegt ein Verfahren zur Resemantisierung der Architektur vor, das verhindern kann, daß aufgesetzte, von außen herangetragene Aussagen zu einer falschen Beredsamkeit der Architektur führen werden. Die Betonung des vermittelnden, kommunikativen Charakters des Typs grenzt diese Methode ab vom formalen Individualismus, der bedeutungsleere Formen erzeugt. Sie grenzt auch diese Methode vom formalen Kontextualismus ab, der zuvor die übergreifende städtebauliche Sicht auf das Bauwerk teilt, dessen Ziel aber nur die Angleichung an das Vorgefundene und nicht die Aneignung ist. Ebenso ist die typologische Methode nur schwer mit der Oberflächlichkeit des Eklektizismus aller Couleurs zu verbinden. Vom Überlieferten will sie weniger einzelne Formen als Prinzipien übernehmen. Vor allem sorgt die feste Verwurzelung des Typs in der gesellschaftlichen Praxis und seine Bestimmung durch viele zusammenhängende Faktoren dafür, daß das Periphere kurzfristiger Effekte verhindert wird.

Das heißt aber nicht, daß der Typ aus einer imaginären „Wesenheit“ erwachsen würde oder daß seine Gestalt im Wesen der Bauaufgabe oder in technologischen Strukturen schon enthalten sei oder auf eine deterministische Weise aus ihnen hervorginge. Der architektonische Typ ist eine komplexe Invariante über einer Menge materieller und geistiger Bezugssysteme, für deren Kategorisierung die integrative Funktion des Kulturbegriffes geeignet ist; der architektonische Typ ist eben deshalb ein kulturelles Phänomen, kein funktionelles, kein technisches oder künstlerisches Ereignis.

Die mediale, Kommunikation schaffende Kraft des Typs kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Typisierung ist wesentlich ein Ausdrucksproblem, sie ist eine Frage der Verständigung im Verhalten mittels Architektur. Auf dem Wege dorthin sehe ich vor allem zwei offene Probleme:

1. Wie ist die typologische Entwurfsmethode mit der technischen Standardisierung des industriellen Bauens zu verbinden?
2. Wie ist die semantische Dichte, die für den Typus charakteristisch ist, zu sichern, ohne die Breite des semantischen Feldes zu reduzieren? Das heißt, wie ist die Klarheit des typisierten Ausdrucks mit den Konnotationen der Architektur zu verbinden?

Ein für die Lösung beider Probleme möglicher Ansatz bildet eine Methode, die ich „mehrdimensionale Typisierung“ nennen möchte und deren Entwicklungsrichtung hier angedeutet werden soll. Die mehrdimensionale Typisierung ist eine Entwurfsmethode, in derem analytischen Teil die strukturellen, funktionellen und historischen Quellen der Bauaufgaben nach den Bedeutungen der Gegenwart geortet und in deren synthetischem Teil diese Werte zu einer Gestalt geführt werden, in der die typologischen Dimensionen sichtbar bleiben. Die typologischen Dimensionen sind diejenigen Konstituenten des Entwurfs, die entsprechend der sich historisch wandelnden Kultur und der intendierten Gesamtfunktion des Bauwerkes einen als relevant betrachteten Klassenzusammenhang zu Phänomenen außerhalb des Entwurfs herstellen.

Je mehr Dimensionen als relevant erachtet werden, um so größer wird die Individualität des Bauwerkes sein. Aber die Individualität ist hier keine arbiträre Größe, sondern eine objektivierte Eigenschaft: die Summe der zum Typ verwandelten Charaktere. So gehört – um ein Beispiel zu nennen – das in der Projektierung befindliche Schillermuseum in Weimar nicht nur der Klasse der Museumsbauten an, sondern zuglich der Monolithbauten, der innerstädtischen, der zweigeschossigen Bauten, der Thüringer Region, der touristischen Gebäude, der Gebäude im Denkmalbereich, der Kulturbauten usw. an.

Die Methode der mehrdimensionalen Typisierung behandelt die Typen als zusammengesetzt. Die Elemente, aus denen sie zusammengesetzt sind, sind sehr häufig und sehr allgemein, erst ihre Kombination zu komplexen Typen ist selten oder einmalig. Die einzelnen Merkmale tragen, weil sie bekannt sind, zur Verständlichkeit bei, aber die Merkmalskombination ist innovativ, die darin enthaltene Aussage ist in der Kombination codifiziert.

So entstehen verständliche Typenexemplare als Individuen, aber nicht als „individuelle“ Individuen und nicht einfach als Variationen eines unveränderlichen Motivs, sondern als vielschichtige Gebilde, bei denen jede einzelne Individuation objektiven Charakter trägt. Das Individuelle und das Allgemeine sind in diesen Gebilden keine Oppositionen: Je mehr Dimensionen den Typ bilden, um so individueller und allgemeiner zugleich wird er sein, das erstere durch die hohe Komplexität, das zweite durch die große Menge der typologischen Dimensionen.

Die Menge dieser Dimensionen und ihre komplexe Vereinigung im Typ schafft Vielfalt in der Einheit. Das gilt nicht nur für den formalen Aspekt, sondern vor allem für den inhaltlichen, semantischen Aspekt des Typus. Denn was hier als „Dimensionen“ betrachtet wird und für den Entwerfer die relevanten Abstraktionsklassen der Bauaufgabe darstellt, ist im Rezeptionsprozeß der Ausgangspunkt von Assoziationsketten. Die typologischen Dimensionen entsprechen den semantischen Achsen des Gegenstandes als Zeichen. So deutet die mehrdimensionale Typisierung den Weg zur Semiotisierung der Architektur an.

Der Montagecharakter des hier vorgestellten Typus kann, aber er muß nicht technologisch als Montage realisiert werden. Teils werden solche Typenexemplare wirklich aus Bauelementen montiert – wobei an die Elementierung und die Kombinationsfähigkeit hohe Anforderungen gestellt werden müssen – teils werden sie monolythisch in Formen synthetisiert. In diesem Falle bleibt das Zusammengefügte des Typus wohl syntaktisch verborgen, aber es bleibt in der Struktur der semantischen Achsen wirksam. Wichtig ist, daß eine bloße Kom- bination standardisierter Teile nicht zum Typ führt, wenn dabei nicht eine Gestalt entsteht, die die typologische Eigenschaftskombination von Individualität und Allgemeinheit hat.

Technologisobe Probleme der Typisierung
Der Inhalt der vor uns liegenden Entwicklungsphase von Städtebau und Architektur ist es, die beiden Prozesse der technischen Standardisierung und der Typenbildung in der ihr eigenen Widersprüchlichkeit miteinander zu verbinden. Nur in dieser Verbindung kann das Bauwesen die komplexen Anforderungen an die bauliche Umwelt der Menschen – das sind vor allem soziale, kulturelle und ästhetische – erfüllen. Das heißt aber, daß sich die technischen Systeme des Bauwesens den typologischen Anforderungen der Architektur anpassen müssen, wenngleich zu berücksichtigen ist, daß sie andererseits auf die konkrete Ausformung dieser Typologie einen bedeutenden Einfluß haben.

In der Zukunft wird das gesamte technologische Repertoire der Menschheitsgeschichte für die Errichtung der baulichen Umwelt zur Verfügung stehen und angewandt werden – vom Lehmbau bis zur automatischen Fertigung. Trotzdem bleibt die höchste technologische Stufe doch immer die dominante, und auch die theoretisch interessanteste. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Entwicklungsbedingungen für die weitere Industrialisierung der Architektur geschaffen werden müssen, um deren typologischen Charakter zu verwirklichen. Grundvoraussetzung für alle Überlegungen ist die Anerkennung der Herrschaft des Menschen über die Technik, des Lebens über die Maschine. Hugo Häring hat das so ausgedrückt: „geometrische figuren über die dinge stülpen heißt: diese uniformieren, heißt: diese mechanisieren. wir wollen aber nicht die dinge, sondern nur ihre herstellung mechanisieren. die dinge mechanisieren heißt: ihr leben – und das ist unser leben – mechanisieren, das ist abtöten. die herstellung mechanisieren indessen heißt: leben gewinnen.“ /37/ Härings Sorge, mit der Herstellung könnten auch ihre Produkte und das Leben der Menschen mechanisiert werden, ist unter den Bedingungen der maschinellen Produktion berechtigt. Auf handwerklicher Ebene entsprach das Bedürfnis nach gegenständlicher Vielfalt innerhalb eines Grundtyps den Möglichkeiten der Herstellung. Der Handwerker, der einen Handwebstuhl bediente, konnte überhaupt nur unter übermenschlicher („mechanischer“) Anstrenung zweimal genau dasselbe Muster weben. Genauso ging es dem Töpfer, dem Tischler, dem Maurer mit ihren Produkten. Doch ebenso, wie man vom Handwerker keine Gleichheit seiner Produkte erwarten kann, kann man von der Maschine keine Vielfalt verlangen. Die mechanisch reproduzierende Maschine kann innerhalb einer Serie nur gleichförmige Produkte zur Umwelt bringen. Auf dieser technologischen Ebene befand sich der mechanische Webstuhl und befindet sich in seinen wesentlichen technologischen Parametern das industrialisierte Bauwesen noch heute. Es wäre aber das Falscheste, aus einer grundsätzlichen Bejahung der Industrialisierung heraus gerade diesen Zustand fortzuschreiben, daraus eine schmucklose und gleichförmige gegenständliche Umwelt des Menschen zu prognostizieren oder gar diesem Zustand eine gesellschaftliche Gesetzmäßigkeit anzuinterpretieren, ihn als dem Sozialismus und seinem Reproduktionszyclus angemessenes ästhetisches Prinzip zu deklarieren.

Am besten wären solchen Auffassungen mit dem Hinweis auf alte und unter emanzipatorischen Bedingungen massenhaft sich entwickelnde kulturelle und ästhetische Bedürfnisse, u.a. solche nach Erlebnisreichtum der Umwelt, zu entkräften. Solche Bedürfnisse erschließen sich allerdings leicht der empirischen Erfahrung, aber nur schwer der wissenschaftlichen Analyse. /38/ An dieser Stelle will ich nur technisch argumentieren und aufzeigen, daß die technologische Entwicklung in einem gewissen Selbstlauf dahin drängt, der Architektur wieder typologischen Charakter zu verleihen. Die an den individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner orientierte sozialistische Zielstellung wird diesem technologischen Trend, sobald er massenhaft sich durchgesetzt hat, endgültig zum Durchbruch verhelfen.

L. Kühne, der die Entwicklung der Produktion vom Handwerk zur maschinellen Serie verfolgt, ist optimistisch, daß auf „der Grundlage moderner ästhetischer Gestaltungskonzeptionen Wohnräume mit standardisierten Elementen und entsprechender Erscheinungsweise charakteristischer auf individuelle Bedürfnisse hin gebildet werden (können), als es in allen bisherigen kulturellen Perioden der Fall war“. /39/ In dieser Aussage steht natürlich in Frage, was unter „standardisierten Elementen“ verstanden werden soll. Wenn man darunter „Objekte“ liest und den Satz für Architektur überhaupt gelten läßt (was er suggeriert), wird er falsch, wenn man sich aber als standardisierte Elemente die Bewehrungseisen der Ringanker (oder diese selbst), die Federkerne der Betten (oder diese selbst), die Türen der verschiebbaren Wände (oder diese selbst) usw. vorstellt, wird er richtig. Das zeigt nur, daß die Ebene des „Standards“ nicht die wesentliche darstellt, auf der Architektur zu beschreiben ist. Die Möglichkeit, eine Umwelt aus Gegenständen der maschinellen Serienproduktion individuell zusammenzustellen, ist und bleibt ein Aspekt der Umweltgestaltung, nur ist ihr eigentlicher Gegenstand eben der Typus, der die standadisierten Teile integriert. Dabei bleibt offen und ist von Fall zu Fall zu entscheiden, ob diese Integration von professionellen Gestaltern (bzw. von der Industrie) oder von den Bewohnern vorgenommen wird.

Auf der technologischen Basis der reproduzierenden Maschine sind Innovationen innerhalb der Serie nur durch Ergänzungstechnologien möglich, die auf niedrigerem Niveau stehen. Im Bauwesen werden Mischbauweisen zunehmend Bedeutung erhalten, in denen vorgefertigte hochprodukttive Trag- und Installationssysteme (teilweise von den Nutzern) durch handgemachte Raumordnungen vervollständigt werden. Die Mischung verschiedener technologischer Niveaus stellt hohe Anforderungen an die Organisation solcher Prozesse, die in einem breiten Anwendungsfeld wahrscheinlich ohne elektronische Datenverarbeitung nicht zu realisieren ist.

Aber die computergestützten Informationsprozesse werden über ihre Funktion als Organisationshilfen für die Bewältigung der komplizierten Zuordnungen verschiedener technologischer Einheiten hinaus zu einem völlig neuen Gestaltungscharakter der Architektur führen. Die computergesteuerte Produktion tendiert keineswegs zur schematischen Reproduktion des gleichen seriellen Gegenstandes. Es liegt vielmehr in der Natur dieser Anlagen, ständig Informationen zu verarbeiten – die im übrigen energetisch fast keine Kosten verursachen – aber zu einem ständigen Wandel und Wechsel der Produktionsparameter neigen.

Eine computergesteuerte Anlage produziert mit Hilfe informationeller Steuerprozesse eine Menge von Modifikationen eines Grundtyps. Automatische Webstühle z.B. können schon heute Stoffe, Teppiche usw. produzieren, von denen keiner dem anderen gleicht. Japanische Automobilproduzenten stellen Hunderte von Modifikationen eines Grundtyps her. Der spezifisch architektonische Charakter einer solchen Modifikation ergibt sich aus der individuellen Anforderungsstruktur des Standortes und ist also keineswegs zufällig, während am Beispiel des Webautomaten durchaus eine stochastische Menge von Mustern denkbar ist, die erst in der Distributionssphäre – durch individuelle Wünsche der Käufer – eine konkrete inhaltliche Ausprägung erhalten.

Computergestützte Produktionsprozesse zielen weder auf unikate Umwelten (wie die handwerkliche Produktion) noch auf uniforme (wie die maschinellen), sondern auf modifizierte Serien. Auf diesem Produktionsniveau hebt die wissenschaftlich-technische Revolution die reproduktive Serienproduktion positiv auf und führt der gegenständlichen Umwelt diejenigen Momente der Individuation wieder zu, die in den Frühphasen der Industrialisierung verloren gegangen waren. Die angestrebten Modifikationen werden aber mit Sicherheit zu ganz anderen Gestalteigenschaften führen, als wir sie von der handwerklichen Produktion gewohnt sind. /40/ Ebenso werden die Individuationen im Sozialismus einen ganz neuen, vom Eigentumsbegriff befreiten Inhalt bekommen.

Die Zuordnung von Produktionsniveau und Produktcharakter ist folgendermaßen:

Handarbeit – Unikat (Typ)
Maschine – Reproduktion (standardisiertes Produkt)
Automat – Modifikation (Typ)

Auf dem Produktionsniveau der Automaten ist es möglich, durch entsprechende Programmierung und Datenaufbereitung Modifikation zu erzeugen, die dem Charakter von mehrdimensionalen Typen entsprechen und zugleich den Anforderungen der Industrie nach standardisierten Einheiten gerecht werden. Die ortsgebundenen Dimensionen, aus denen der Typ zusammengesetzt ist, bestimmen inhaltlich den Charakter der Modifikationen, die zwar technologisch zu einer Serie gehören, aber eben standortspezifische Individuen sind. Ein solcher Typus realisiert beide Kriterien: die des Standards und die des Standortes.

Ein wichtiges Moment der Dialektik vom Individuellen und Allgemeinen, die sich im Typ realisiert, hatte van Doesburg beschrieben, als er feststellte, die neue Architektur sei „formlos und doch genau definiert, das heißt, sie unterwirft sich keinem festgelegten ästhetischen Formtyp. Sie besitzt keine Form (wie Zuckerbäcker sie benutzen), in der sie die aus praktischen, lebendigen Forderungen ergebenden Funktionsflächen herstellt. Im Gegensatz zu allen früheren Stilen kennt die neue Architekturmethode keinen abgeschlossenen Typ, keinen Grundtyp.“ /41/ Van Doesburg deutete hier etwas an, was – technisch umgesetzt – heute manchmal als „offenes System“ bezeichnet wird. Das ist ein System, das maximale
Standardisierung und serielles Produzieren mit einer maximalen Variabilität in der Ausformung und Kombination der Teile verbindet. /42/

Die Verkleinerung der Planungsbausteine ist eine selbstverständliche Rahmenbedingung, um die Bausysteme zum Typus bin zu öffnen. Das wurde schon in den 20er Jahren gewußt, doch fehlten die technischen Bedingungen, um die Praxis entsprechend einzurichten. Vit Obstel, der sich selbst als Neokonstruktivist bezeichnete, schrieb im Jahre 1930: „Es ist ein grausames Vergehen einer Gruppe von Konstruktivisten, die Häuser zu typisieren. Wir dürfen nur Kostruktionsdetails typisieren. Die Ansichten über Wohnkultur sind so Veränderlich (neue Entdeckungen), daß sich das Erzeugen von ganzen Wohneinheiten als unwirtschaftlich und unsozial erweisen würde.“ /43/ Inzwischen sind die technischen und organisatorischen Bedingungen für die Standardisierung der Elemente auf niederer struktureller Ebene im Aufbau, wie aus dem Bericht über sowjetische Projektierungsverfahren von Frieder Hofmann zu entnehmen ist. /44/ Auf welche Weise allerdings die Struktur der Funktionsbausteine (Wohnungseinheiten, Erschließungsbereiche…) und die der konstruktiven Grundbausteine in der Metastruktur eines Typus zu synthetisieren wäre, darüber gibt es noch keine praktikablen Konzepte. Das Modell der mehrdimensionalen Typisierung kann nur den theoretischen Anstoß zur Lösung dieser Aufgabe sein. Solche Begriffe wie die des „offenen Systems“ zielen in die gleiche Richtung /45/, sie reichen aber meines Erachtens nicht aus, um die Entwicklung der weiteren Industrialisierung des Bauwesens zu markieren: Das offene System muß sich im Typus wieder schließen.

Die gegenwärtigen Probleme im Umgang mit industriellen Bauweisen dürfen uns nicht den Blick auf die Zukunft verstellen. Der Übergang vom maschinellen zum computergestützten Charakter der Bauproduktion und -projektierung ist eine wichtige Voraussetzung für das typologische Entwerfen. Allerdings muß die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung nach den Maßstäben architektonischer Typologie und im Hinblick auf diese erfolgen, d.h. nicht nur nach ökonomischen Kriterien. Die Forderung nach rascher Überleitung der Industrialisierung in die Phase der wissenschaftlich-technischen Revolution – möglichst bereits zu dem Zeitpunkt, in dem die Industrialisierung massenhaft Fuß faßt, – zielt auf kontinuierliche architektonische Qualität und ist in dieser Form ein Spezifikum des Bausektors der Volkswirtschaft. Das Vorantreiben der Industrialisierung auf mikroelektronischem Niveau steht zur umgekehrten Tendenz, zur Rücknahme des Industrialisierungsniveaus in bestimmten Bereichen, das bis hin zu qualifizierten Selbstbautechniken zurückgehen kann, in keinem Widerspruch. Beide Tendenzen ergänzen sich und treffen sich in dem Varianzvermögen, das den architektonischen Typus auszeichnet.

Anmerkungen
1 MUTHESIUS, H.: Werkbundthesen
in: CONRADS, U.: Programme und Manifeste zur Architektur des 20. Jahrhunderts, Gütersloh, Berlin, Münoben, 1971, S. 25
2 VAN DE VELDE, H.: Werkbundgegenthesen
in: CONRADS, U.: Programme…, a.a.0., S. 26
3 ebenda, S. 26
4 ebenda, S. 27
5 zitiert aus: HÜTER, K.-H.: HENRY VAN DE VELDE, Sein Werk
bis zum Ende seiner Tätigkeit in Deutschlands, Berlin 1967, S. 245
6 GROPIUS, W.: Grundsätze der Bauhausproduktion (Dessau, 1926) in: CONRADS, U.: Programme …, a.a.0., S. 91
7 HOETGER, B.: Weltbauten
in: CONRADS, U.: Programme …, a.a.O., S. 102
8 JUNGHANNS, K.: Das typisierte Wohnhaus im Straßenbild in: Deutsche Architektur 4 (1955) 1, S. 37
9 ebenda, S. 27
10 ebenda, S. 28
11 SCHMIDT, H.: Architektur und Typenprojektierung in: Deutsche Architektur 6 (1957) 2, S. 87
12 SCHMIDT, H.: Keine Furcht vor Monotonie
in: Deutsche Architektur 5 (1956) 8, S. 389
13 Die Menge der Vorschriften des Bauwesens haben unterschiedliche Gültigkeitsbereiche und Verbindlichkeiten, vgl. z.B.:
– RGW-Standards, RGW-Empfehlungen
– DDR-Standards, Fachbereichs-Standards
– Gesetze, Beschlüsse, Erlasse
– Verordnungen, Durchführungsverordnungen und -bestimmungen
– Direktiven, Anordnungen
– Verfügungen und Mitteilungen
– Vorschriften der Staatlichen Bauaufsicht
– Vorschriften des ASMW
– GAB-Anordnungen
– KDT-Empfehlungen
– Betriebliche Veröffentlichungen und Richtlinien der Bau-Akademie der DDR
(aus: Arbeitsmaterialien zum Lehrgebiet Methoden der Projektierung, HAB Weimar, WB Methodik des Entwerfens und Projektierens, Weimar 1982, Blatt 7, S. 3)
14 SCHMIDT, H.: Die Beziehung der Typisierung zur Architektur
in: Deutsche Architektur 5 (1956) 12, S. 577
15 ebenda, S. 577
16 KÜHNE, L.: Gegenstand und Raum, Dresden 1981, S. 198
17 Die materielle und ideelle Unerheblichkeit der Standortspezifik (darunter auch in bezug auf den „genius loci“) muß nachgewiesen werden, wenn auf Wiederverwendungs- und Angebotsprojekte unbedenklich zurückgegriffen werden kann. Problemlos sind in diesem Zusammenhang Lager- und ähnliche Hallen oder Kioske, deren Gleichgestaltigkeit sogar eine gewisse Wiedererkennungsfunktion ausüben kann.
18 Eine noch etwas mystische, aber deutlich typologische Entwurfshaltung beschreibt ARTHUR KORN: „Auch der Architekt beginnt mit der Analyse des Bauprogramms, der Wohnung, der Fabrik. Er entdeckt Teile, Räume, Zellen. Er bildet die Kommunikation, die horizontalen Röhren, die vertikalen Treppentürme. Er entdeckt die Brennpunkte und fixiert sie wie der Zentrumsbohrer auf der Planscheibe. Er entdeckt eine Urzelle, die jedem Gebilde, jedem Haus und jeder Stadt und nur ihr eigentümlich ist und alle Formen abstempelt. Er analysiert die Materie, ihren inneren Aufbau, ihre Festigkeit, ihre Struktur.“
KORN, A.: Analytische und utopische Architektur, in: CONRADS, U.: Programme …, a.a.0., S. 72
19 Gropius, W.: der große Baukasten, in: Das neue Frankfurt, 1 (1926) 2,’S. 28/29
20 Schmidt, H.: Architektur und Typenprojektierung, a.a.0., S. 88
21 Schmidt, H.: Die Beziehung der Typisierung zur Architektur, a.a.O., S. 576
22 Schlemmer, 0.: Manifest zur ersten Bauhaus-Ausstellung, in: Conrade, U.: Manifeste …, a.a.O., S. 66
23 Schmidt, H.: Die Beziehung der Typisierung zur Architektur, a.a.O., S. 576
24 Le Corbusier: Ausblick auf eine Architektur, Leitsätze in: Conrade, U.: Manifeste…, a.a.0., S. 56
25 Eine besondere Ausprägung hat die Typisierung der Wohngebäude in Japan erhalten, dort bestimmen das Einheitsmaß der Schlafmatten und deren Anzahl die Größe und Gestalt der Räume, so daß die Teile der Häuser seit ewiger Zeit genormt sind. Die Normierung ist nicht technisch oder technologisch, sondern durch die Lebensweise geprägt, die in einem engen Zusammenhang zur japanischen Philosophie des „durchscheinenden“ Menschen steht, sie gibt für Individuelles wenig Raum.
Vgl. Violet, R.: Einführung in die Kunst Japans, Leipzig,1982
26 Es soll an dieser Stelle kein Unterschied gemacht werden zwischen einem Bedeutungs- und einem Kommunikationssystem, der darin bestehen könnte, daß im Kommunikationssystem die Nachricht des Senders im Empfänger reproduziert wird, während ein Bedeutungsträger nur dadurch charakterisiert ist, daß er für die Mitglieder des entsprechenden Kulturkreises eine Bedeutung besitzt, die aber nicht zur Informationsübertragung von produktiven zu rezeptiven Subjekten genutzt wird bzw. durch deren Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturkreisen nicht genutzt werden kann.
27 Gropius, W.: Grundsätze der Baubausproduktion (Dessau 1926) in: Conrade, U.: Programme…, a.a.O., S. 90
28 Arthur J. Pulos spricht von der „Typenform einer Gattung“ (z.B. Fernsprechapparat, Schreibmaschine). Sie entsteht, weil z.B. „… alle Automobile zu irgendeiner Zeit mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede aufweisen, denn sie wurden in der gleichen Periode erzeugt, aus den gleichen Materialien, mit Hilfe der gleichen Maschinen, um die gleiche Funktion für die gleiche Gruppe von Verbrauchern zu erfüllen.“
Arthur J. Pulos: Dimensionen des Designs
in: Technische Gemeinschaft, 29 (1981) 10, S. 19
29 Auch in der Frage nach dem „Typischen“ im Verhältnis zum Typus stecken noch viele Erkenntnismöglichkeiten. Ist zum Beispiel das Typische der Gotischen Architektur in der Neogotik reproduziert? Führt die Neogotik trotz Fehlen „der charakteristischen Planänderungen und Unregelmäßigkeiten mittelalterlicher Bauten, die jedem Bau sein einmaliges Besonderes verleihen“ die Typik der gotischen Architektur unter neuen Produktionsbedingungen und gesellschaftlichen Inhalten fort?
Vgl. Müller, H.: Neostile. Kunst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Leipzig, 1979, S. XII
30 zitiert nach Kuhnert, N.: Soziale Elemente der Architektur: Typus und Typusbegriffe im Kontext der Rationalen Architektur. Aachen, 1979, S. 77
31 Eine interessante Wertung der typologischen Richtung in der modernen Architektur gibt Nikolaus Kuhnert. Die folgenden Aussagen zur „Venezianischen Schule“ stützen sich weitgehend auf Kuhnerts Erkenntnisse.
Vgl. Kuhnert, N.: Soziale Elemente…, a.a.O.
32 zitiert nach Kuhnert, N.: Soziale Elemente …, a.a.O., S. 37
33 ebenda, S. 44
34 ebenda, S. 77
35 ebenda, S. 76
36 ebenda, S. 83
37 Häring, H.: Wege zur Form, in: Die Form, 1925 Nachdruck in: Stadt (1982) 5, S. 5
38 Der Bedarf an einem bestimmten Reiz- bzw. Informationsniveau der Umwelt und die Notwendigkeit, den Ausdrucksgehalt einer Formkonfiguration an ein bestimmtes Verhältnis von Einheitlichkeit und Differenziertheit zu binden, ist unter Psychologen und Kommunikationswissenschaftlern unbestritten.
Vgl. Rogge, F., 0. Weber, G. Zimmermann: Architektur als Kommunikationsmittel. Schriften der HAB Weimar, Heft 14, 1973, und Weber 0. u. G. Zimmermann: Probleme der architektonischen Gestaltung unter semiotisch-psychologischem
Aspekt. Schriften der Bauakademie der DDR, Berlin 1980
39 Kühnen L.: Gegenstand und Raum, a.a.O., S. 199
40 Durch die fortschrittliche Industrialisierung erhält die Architektur nicht einfach den „objektiven“ Ausdruck der Serie, sondern neue Mittel für den Ausdruck der Individualität. Das hatten schon die „Modernen“ der 20er Jahre erkannt, als sie feststellten, daß das maschinelle Detail gegenüber dem handwerklichen durch Gleichförmigkeit bestimmt ist. Oud schrieb dazu: „Ihm fehlen dadurch in sich selbst die ausgedehnten Ausdrucksmöglichkeiten, welche das handwerkliche Detail in sich selbst besitzt, so daß die Notwendigkeit entsteht, den individuellen Akzent der Baukunst in der Hauptsache von dem Detail selbst fortzuverlegen auf einen Stand und sein Maß in der Gesamtheit, d.h. auf seine Stellung in bezug auf die übrigen Bauteile. Weniger in Unterteilen als in den gegenseitigen Verhältnissen des Gefüges dieser Unterteile, d.h. im architektonischen Organismus selbst, wird sich das Persönliche in der Architektur der Zukunft gestalten.“
zitiert aus: Hirdina, K.: Pathos der Sachlichkeit, Berlin, 1982, S. 176
41 van Doesburg, Th.: Auf dem Wege zu einer plastischen Architektur (1924)
in: Conrade, U.: Programme …, a.a.O., S. 73
42 Standardisierung und Montage sind zwei aufeinander bezogene Aspekte des industriellen Bauens. Aus typologischer Sicht ist es dabei aber unerheblich, in welcher technologischen Form die Montage erfolgt, ob etwa vorgefertigte Bauteile oder ob vorgefertigte Schalelemente montiert werden, in die Ortbeton gegossen wird. Das industrielle Monolithbauverfahren ist (deshalb) unter dem Gesichtspunkt von Standard und Typus genauso zu behandeln wie der eigentliche Montagebau.
43 Obrtel, V.: Über Architektur und Raum. Manifest des Neokonstruktivismus, Prag 1930
in: Stadt (1982) 5, S. 8
44 Hofmann, F.: Zu Problemen der Erzeugnisentwicklung für den innerstädtischen Wohnungsneubau unter Berücksichtigung sowjetischer Projektierungsverfahren.
in: Architektur der DDR, 31 (1982) 1, S. 4 – 8
45 Zum Beispiel plädiert Enzo Frateile für sogenannte „offene Systeme, die die Lösung einer der Schlüsselfragen des industrialisierten Bauens darstellen, indem sie nämlich die maximale Standardisierung der Bauteile und also den Vorteil der großen Serie versöhnen mit einer maximalen Variabilität und also auch Genießbarkeit – funktionell und gestalterisch – der gebauten Ensembles“.
Enzo Frateile: Leichte Vorfertigung
in: Form und Zweck, 14 (1982) 3, S. 37 – 44

Dr.-Ing. Olaf Weber
Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar
Sektion Architektur
Institut für Theorie und Geschichte der Architektur

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