Inszenierte Lomografie – Zwei Kunstprojekte in Brasilien

Olaf Weber/Katja Weber

Inszenierte Lomografie – Zwei Kunstprojekte in Brasilien

Eine Reise nach Brasilien im November 2001 bildet den Anlass für zwei gemeinsame Kunstprojekte vor Ort. „Inszenierte Lomografie“ ist eine doppelte Fotoserie mit zwei Kameras. Die eine Kamera nimmt in einem strengen Zeitraster (alle 2 Stunden) die sich gerade bietenden Motive auf, die Zweite versucht nach Gehör (weil der Fotograf fast blind ist) die Fotografien dieser Motive einzufangen. „Presseschau – ein Souvenierprojekt“ ist eine Collage aus dem wirren Zeitungsangebot eines jeden Tages.

Inszenierte Lomografie
Fremde machen Fotos. Da wollen keine Ansichtskarten, keine
Urlaubsfotos herauskommen. Aber es gibt Ansichten. Was sieht man darauf? Ein Stück Teppich, eine verwackelte Hand, den Ausschnitt einer Fassade. Das ist typisch für Brasilien. Es ist typisch für eine Wahrnehmung, die nicht die Klischees der Tourismusindustrie bedient, sondern allen anderen Bildern die gleiche Chance einräumt wie denen von Zuckerhut und Zuckerpuppen. Der Zufall sucht seine Charaktere, die Uhr selektiert die Motive. Wir haben alle 2 Stunden ein Foto gemacht – egal, welche Motive aus dem Bauch geschossen die Lomo gerade einfing. Der Zufall produzierte eine gewisse Objektivität und die Einfachheit der Kamera schloss raffinierte Effekte aus.

Aber es gibt auch Subjekte. In einer zweiten Serie wurde die Fotografin im Moment ihrer Aufnahme selbst fotografisches Objekt, nun aber im Kontrast zu den Zufall-Fotos in bewusster Pose. Sie wird als Fremde wichtig, indem sie sich Brasilien in einem mechanischen Zeitmaß, nicht seinem Image, hingibt. Der dem Urlaubsfoto eigenen Montage von Selbst und Motiv fehlt die Entsprechung. Die Fremde bleibt außerhalb der Motive, die Motive außerhalb der Bilder.

Presseschau – ein Souvenirprojekt

Auf der Schwelle
kommt und schwillt – Brasilien!
Zeitungsflut ist so gut
wie bei uns.
Titel, Politik, Fernsehen,
Rätsel, Kultur, Witze
Sport natürlich und Fußball,
Immobilien als Annoncen.
Schöne Damen, gute Herren.
Internationale Zeitungssprache.
Brasilianer können nicht lesen,
wenn sie auf Zeitungen schlafen.
Die beschrieben Welt ist nicht ihre –
Reproduktion eigentlich Produktion,
ist nur halb die volle Wahrheit.
Deutungsversuche aus fremder Sicht,
Schere, Kleber, Stifte…
eine neue Zeitung !

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