Wieder Künstlerausbildung in Weimar (1991)

HOCHSCHULE FÜR ARCHITEKTUR UND BAUWESEN WEIMAR
WIEDER KÜNSTLERAUSBILDUNG IN WEIMAR

Im September 1991 wird die über 200-jährige erfolgreiche Traditionslinie der Kunstaus­bildung in Weimar wieder aufgenommen. Diese Tradition begann 1776 mit der Einrichtung der Freien Zeichenschule. Später entwickelte sie sich zur akademi­schen Form der Kunstschule (1860), die 1908 durch die Kunstgewerbeschule Van de Veldes ergänzt wurde. In den Synthesebestrebungen des Bauhauses fanden die künstleri­schen und kunstpädagogischen Bestrebungen in Weimar ihren weltbekannten Höhepunkt.
Durch die Schließung der Abtei­lung Bildende Kunst im Jahre 1951 wurde die vielfältige, oft umstrittene, sich aber immer wieder neuartig reproduzierende Tradition künstlerischer Ausbil­dung in Weimar für vier Jahr­zehnte unterbrochen.

Das Profil der neuen Kunstaus­bildung soll von den wertvollsten Momenten der Historie, vor allem vom Humanismus der Deutschen Klassiker, der Naturnähe der Weimarer Malerschule sowie dem Avantgardismus und den Synthesekonzeptionen des Bauhauses geprägt sein und zugleich die künstlerischen Erfahrungswelten der Gegenwart erschließen. Die Überwindung der Dichotomie von freier und angewandter Kunst ist ein erklärtes Ziel, das durch verschie­dene Interaktionen z.B. Werkstattarbeit, Kurssystem, Symposien, Doppelberufungen und -betreuungen unterstüzt werden soll. Es ist vorgesehen, das Zentrum der künstlerischen Kreativität in den Formen des Umganges mit dem Raum anzusiedeln. Die umhüllende und abgrenzende, mit Objekten und Zeichen versehene Gestalt des Raumes bietet sich nicht nur als künstlerisches Medium und potentes Feld künstlerischer Praxis dar, sondern ist auch geeignet, der Kunstausbildung zu dem befürworteten engen Kontakt zur Architektur (als sozialer Raumkunst) und zur Landschafts­gestaltung (als ökologischer Raumkunst) zu verhelfen. Um das Thema „Raum“ gruppieren sich verschiedene freie und zweck­bezogene künstlerische Fächer, die eine Multimediale ästhetische Kultur des Raumes definieren.

Im September 1991 soll an einem Kunstinstitut der Fakultät Archi­tektur die Aufbau- und Experimentierphase beginnen, in der Lehrkonzepte und künstleri­sche Verfahren in vertiefenden und weiterbildenden Kursen erprobt werden. Im Frühjahr 1992 können dann Eignungsprüfungen durchgeführt werden, mit dem Wintersemester 92 soll das reguläre Studium an der zu bildenden Fakultät Kunst begin­nen. Es ist vorgesehen, im entwickelten Zustand der Fakultät neben den traditionellen Künsten Malerei/Grafik drei Studiengänge anzubieten:

  • Objektkunst/Umwelt- und Kulturdesign
  • Raumkunst/Ausstellungsdesign und Szenographiie
  • Medienkunst/ Kommunikationsdesign

Die Studiendauer wird 5 Jahre betragen. Die Konvertibilität zu den Studiengängen anderer künstlerischer Lehranstalten ist durch den Charakter des Kunst­studiums – als gestaltender Schutzraum für Talente – ohnehin gesichert, so daß sich auch Kunststudenten höherer Semester in Weimar problemlos einschrei­ben können.

Die Kunstausbildung in Weimar will ihr eigenes Profil auch durch ein enges Verhältnis von Lehren­den und Lernenden und durch eine gesellige Atmosphäre kooperationsbereiter Künstlerpersönlichkeiten
fördern und auch hierin den entsprechenden Elementen ihrer Geschichte folgen (vgl. die berühmten „Bauhausfeste“).

Dr. O.Weber
April 1991

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