Architekturbezogene Kunst – Kunst im öffentlichen Raum (1990)

Im Katalogtext für die Ausstellung „Architekturbezogene Kunst“ in Magdeburg, die inmitten des Vereinigungsprozesses stattfand, war Gelegenheit, auch eine positive Perspektive für das Verhältnis von Kunst und Architektur zu umreißen.

Olaf Weber
Architekturbezogene Kunst – Kunst im öffentlichen Raum

Was ist architekturbezogene Kunst?
Das ist eine Kunst, deren Ergebnisse in einem räumlichen, sozialen und künstlerischen Zusammenhang zur Architektur stehen. Sie wirken in den durch die Architektur bestimmten Innen- oder Außenraum hinein, dabei konkretisieren sie Ort und Raum, deren Bedeutung sie durch ihre Ausstrahlung verändern. In dieser beabsichtigten Wirkung auf den Architekturraum liegt die Besonderheit der architekturbezogenen Kunst. Sie ist wie die Architektur eine soziale Kunst, sie ist die Kunst im öffentlichen Raum.

Was war sie bisher?
Die architekturbezogene Kunst wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht üppig, aber kontinuierlich vom Staat gefördert. Die Auftragsarbeit war für viele bildende Künstler ein wichtiges Fundament ihrer künstlerischen Arbeit. Zugleich war diese staatliche Förderung auch ein Instrument der Fremdbestimmung und der Gängelung. Inhaltlich überwogen humanistische, aber sentimental gestimmte Themen (wie etwa „Völkerfreundschaft“), die ihrer geraubten Widersprüchlichkeit wegen oft zur künstlerischen Phrase verkommen mussten. Formexperimente scheiterten oft am konservativen ästhetischen Empfinden oder der Entscheidungsschwäche der beteiligten Instanzen.
Die architekturbezogene Kunst ist in ihrer Qualität vom Niveau der baulichen Umwelt abhängig. Vor allem in den Neubauwohngebieten ist es für die Kunst schwierig, die Defizite des schematischen Plattenbaues durch lebendige, ausdrucksvolle Gestalten zu kompensieren. Für die weiten, unklaren Räume zwischen den Wohnblöcken ist (fast) jede Kunst zu klein.

Wie soll sie künftig sein?
Die Kunst im öffentlichen Raum sollte vor allem eine öffentliche Angelegenheit sein. Ihre konkreten Voraussetzungen sollten im Dialog zwischen Einwohner, Künstlern, Architekten und allen Beteiligten entwickelt, die Kunst aber selbst der Autorität des Künstlers überlassen werden. Eine künftige, entwickelte Ästhetik der Umweltgestaltung setzt den Architekten als integrativen Baukünstler voraus. Neben der künstlerischen Kultur ist auch die Gebrauchskultur und die alternative Kultur in den Wohngebieten, Städten und Dörfern zu fördern. Die Themen der architekturbezogenen Kunst sollten dem konkreten Orte und den vitalen Interessen der Bewohner erwachsen, die künstlerischen Mittel hingegen dem Fundus der internationalen ästhetischen Kultur – zum Beispiel raumgreifende Assoziationen wie „enviroments“. Die Kunst im öffentlichen Raum sollte ihre humanistische Potenz vertiefen und eine demokratische und weltoffene hinzugewinnen.

Architekturbezogene Kunst – Kunst im öffentlichen Raum
1990, Katalog Bezirkskunstausstellung Magdeburg

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