Lauben und Datschen (1987)

Aus der Untersuchung von Lauben und Datschen, aus ihrer Differenz, aus der Betrachtung der Freizeitbedürfnisse und einer Analyse der Datschen-Ästhetik wird die Stadt- und Wohnungsbaupolitik der DDR mit ihrer problematischen Trennung von standardisiertem Wohnen und ebenso normiertem Wochenende in Frage gestellt.

Olaf Weber, Gerd Zimmermann
Lauben und Datschen

Goethes Gartenhaus im Park an der Ilm ist vielleicht die bekannteste „Datsche“. Die lange Geschichte von Land- und Ferienhäusern, die von der Antike bis in unsere Gegenwart reicht, gewährt uns auch einen Blick auf die Hintergründe: Das Bedürfnis nach dem zweiten Wohnsitz auf dem Lande ist eine Folge der Stadtentwicklung – die Stadt hat die Datsche geschaffen. Der wohlhabende römische Bürger des Altertums stellte allerdings ganz andere Forderungen an sein Landhaus als der großstadtgepresste Proletarier der Jahrhundertwende an seine Gartenlaube. In der Geschichte wechselten die Interessen an der Datsche mehrmals – je nachdem wer sie bewohnte. Mal waren sie auf das Gebäude, mal auf Garten und Landschaft gerichtet, mal stand der Ortswechsel im Vordergrund, mal der zusätzliche Broterwerb, mal erwuchs die Datsche aus Überfluss, mal aus Mangel, mal war sie ländliche Fortsetzung des angenehmen Stadtlebens, mal der Versuch, der Unwirtlichkeit der Städte zu entfliehen und die Mängel des Stadtlebens zu kompensieren.

Noch niemals drängte aber der Bedarf nach einem zusätzlichen umbauten Ort in natürlicher Umgebung so massenhaft zur Realisierung und wurde gesellschaftlich so wohlwollend gefördert wie heute; bekanntlich werden in der DDR im laufenden Planjahrfünft 150000 neue Parzellen erschlossen. Diese Menge lässt es natürlich nicht zu, die räumliche Qualität eines feudalen Landsitzes oder eines bürgerlichen Ferienhauses massenhaft zu reproduzieren – die Verallgemeinerung dieser Privilegien ist nirgends ein gängiger Weg der Sozialisierung. Aber auch die anderen, die sozialen Vorbilder, die Nutzgärten der Schrebergartenbewegung, die sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatten, können in ihrer Art nicht einfach fortgesetzt werden. Der Übergang von der Feierabend- zur Wochenendnutzung stellte neue Anforderungen an die Laube, sie erhielt neue Funktionen und neue Konstruktionen. Mit dem neuen Komfort veränderte sich der Charakter des ganzen Grundstücks. Aus dem Kleingarten wurde das Wochenendgrundstück, aus der Laube der Bungalow, aus dem Garten die Freifläche, aus der Wiese der Rasen, aus dem Sitzplätzchen unterm Apfelbaum die betonierte Terrasse, aus der Rosenbank die Hollywoodschaukel. Erst für diese Metamorphose, die zwar keinen scharfen Schnitt, doch eine deutliche Tendenz markiert, verwenden wir den Namen „Datsche“. In ihr sind Momente der alten Landhäuser und der alten Schrebergärten miteinander vereint, doch es sind nicht immer die positiven Elemente in der glücklichsten Verbindung – die Datsche ist oftmals gar deren naturferne, umständliche und kitschige Persiflage.

Das Wort „Datsche“, das ein meist kleines Grundstück mit einem Bungalow zur vornehmlichen Wochenendnutzung meint, benutzt der Anhänger dieser Art des Bauens, Geldanlegens, Rasenmähens, Grillens und Schaukelns mit einer gewissen liebevollen Selbstironie. Und wer keine Datsche hat und keine will, würde das ihm ferne Datschenfieber gelassen nehmen, wenn er sich auf seinen Wanderungen nicht hier, da und dort über eine gestörte Landschaft, über eine unnatürlich verbaute Natur ärgern müsste, zumal die Motive für den Besitz einer Datsche legitim, ja vorbildlich erscheinen. Doch beim genauen Hinsehen stellen sich viele Fragen ein. Die Fragen an die Datsche beziehen sich sowohl auf das Grundkonzept als auch auf die konkrete Ausführung. Die Freizeit- und Laienarchitektur der Datsche entsteht in einem Prozess, in dem vieles selbst gemacht ist, manches bewusst geplant oder vorgegeben, anders aus einer Laune entstanden. Immer aber unternehmen Leute hier den Versuch, sich bauend zu artikulieren. Dies legt Motive und Bedürfnisse. Vorbilder und Leitbilder bloß. Wenn man „Betreiber von Datschen“, für die wir bemerkenswerterweise ein so klares Wort wie „Kleingärtner“ nicht zur Verfügung haben, nach ihrer Motivation zur Datsche fragt, erhält man etwa folgende Reihe:

1 Naturnähe
2 Ruhe und Erholung
3 handwerkliche und körperliche Arbeit
4 Ausspannen und Abreagieren
5 frische Luft
6 Gemüse, Obst, Blumen
7 künstlerische Kreativität
8 Geselligkeit pflegen
9 Urlaubs- und Reiseersatz
All diese Bedürfnisse sind für die Entfaltung sozialistischen Lebens relevant und würdig erfüllt zu werden. In Fragen steht nur die Form ihrer Erfüllung. Wenden wir uns einigen dieser Motive zu, die hinter dem massenhaften Drang zur Datsche stehen.

Zurück zur Natur !
Sind Datschenbewohner Naturfreunde? Sie selbst behaupten es, das Motiv der Naturnähe erscheint ihnen als der wesentliche Impuls zur Datsche. Das ist begreiflich, denn aus der Perspektive der städtischen Mietwohnung ist der Erwerb des Grundstücks ein Schritt in die Natur. Es vollzieht sich ein bemerkenswerter Rollentausch. Die Natur, vordem präsent als (exotischer) Dekorationsgegenstand im Zimmer – Gummibaum und Fächerpalme – ist jetzt als Garten selbst Umwelt. Wohlwollend kann man das Streben zur Datsche der neu erwachten Natursehnsucht zuschreiben, die in der Erkenntnis der weltweiten Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen wurzelt. Hebt man aber den Blick über den Zaun der Parzelle, dann erscheint eine andere Bilanz: Datschen sind Orte der Naturaneignung, aber auch der Naturzerstörung. Alle Facetten des Datschenlebens zeigen diese Janusköpfigkeit.
Wo ein Haus entsteht, muss die Natur weichen. Bauen in der Landschaft raubt der Natur immer etwas – ein Stück Wiese, einen Waldstreifen, einen Luftraum. Die Unwiederbringlichkeit der verbauten Natur enthält daher die Aufforderung an uns, das Bauen im Grünen, also auch das Errichten von Lauben und Datschen, besonders eindringlich auf seine Sinnhaltigkeit zu befragen.

Bauen ist aber nicht bloß Naturzerstörung, sondern kann im Dialog mit der Landschaft auch Kultivierung bedeuten. Ein Försterhaus am Waldsee zum Beispiel gehört an diesen Ort, auch das Dorf im Tal stört uns nicht, denn es ist dort vollkommen „natürlich“. Sogar moderne technische Großanlagen wie Hochspannungsmasten, Talsperren und Brücken sind schon fester Teil mancher Landschaftsbilder geworden.

Die Datschen aber stören uns oft, sie bleiben meist Fremdkörper in der Landschaft, die zersiedelt wird. Warum stößt die Landschaft ausgerechnet die Datsche ab?

Ziehen wir einen Vergleich zwischen der singulären Datsche und der Kolonie. In der Flur frei und einzeln stehende Wochenendhäuser bringen ihre Nutzer dicht an die Natur, weil sie die Landschaft nur punktuell durchsetzen; Vogelgezwitscher und Naturpanorama sind frei gegeben. Diese Form des Siedelns ist jedoch ebenso elitär wie exklusiv. Indem wenige an der Natur partizipieren, wird sie den meisten vorenthalten.

Von dieser Selbstherrlichkeit spricht die Einzeldatsche und dies dürfte der tiefere Grund sein, dass sie selbst bei gelungener ästhetischer Anpassung das Landschaftsbild verhunzt und die Erlebnisganzheit der freien Natur zerrüttet. Anders beim Försterhaus, das seinen natürlichen Ort in der Landschaft deshalb findet, weil es auf produktive Weise zugleich ihr dient und der Gesellschaft. Dem Wanderer erschließt sich im vertrauten Ikon dieser Sinn – das Haus erscheint am rechten Platz.
Die Zusammenfassung des Bungalows in Kolonien entlastet die Natur ringsum, in der Siedlung aber herrscht Enge, die nur noch Bruchstücke von Natürlichem zurücklässt. Nach außen erscheint die Bungalowsiedlung vielfach als ungestaltete Agglomeration, die sich dem Charakter der Landschaft widersetzt. Warum misslingt auch die Begegnung der nun vereinten Bungalows mit der Landschaft? Ein eher optischer Defekt entsteht durch die Aufdringlichkeit der Datschen. Da sie dem Gesetz der schönen Aussicht folgen müssen, erobern sie die schönsten Plätze und die exponierten, das heißt weithin sichtbaren Stellen: den Hügel, den Blick ins Tal, die Nachbarschaft des Sees. Reizvolle Landschaften, zum Beispiel Auen, sind aber oft auch die seltenen und schutzbedürftigen Biotope. Das Charakteristische in der Naturbeziehung der Bungalowsiedlung erkennen wir im Vergleich mit dem Dorf. Die Gestalt des Dorfes ist wesentlich die Formwerdung eines ökologisch-ökonomischen und sozialen Organismus.

Das Dorf ist eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft und eben das ist die Datschensiedlung nicht. Während sich das Dorf zur Natur produktiv verhält, gibt sich die Datsche konsumtiv, während das Dorf ein soziales Miteinander ausdrückt, erreicht das Zusammenschieben der Bungalows nur ein Nebeneinander. Deshalb gewinnt das Dorf seine einprägsame Gestalt, während die Kolonie ihre Formlosigkeit nicht überwinden kann. Das Dorf schmiegt sich wohl auch deshalb an die Landschaft, weil es in seiner Gestalt das harmonische Verhältnis von Einheit und Mannigfaltigkeit aufgreift, das in der Natur herrscht. Datschen dagegen begreifen Naturaneignung als eigenmächtige Verfügung über eine Parzelle und zu wenig als gesellschaftlich zu beherrschenden Stoffwechsel. Das Grundstück wird als „eigene Scholle“ erstrebt, der Bungalow selbst vielfach zum Eigenheim-Ersatz hochstilisiert. Diese Art der Landnahme ist beschränkt auf eine besondere Weise hockender Sesshaftigkeit, die sich grundlegend unterscheidet von der Naturbeziehung des Bauern und vom Naturverhalten des Wanderers oder des Reisenden.

Die Landschaftskultur von Forsthaus und Datsche, Dorf und Bungalowsiedlung ist ein Spiegel, der uns die kulturelle Landschaft vorhält. Laube und Bungalow repräsentieren die jeweils gegenläufigen Haltungen zur Natur. Die Laube ist das architektonische Requisit des Kleingärtners. Ihre Zurückhaltung erwächst aus ihrer Funktion. Lauben sind Schuppen für Gartengeräte, temporäre Unterkunft des Gärtners und Ort der Aussicht auf das Wachsen und die Ernte. Die einfache Architektur der Laube spiegelt diese Verpflichtung auf den Garten.

Anders der Bungalow. Nicht Gartenbau ist sein Zweck, sondern vor allem die Wochenenderholung, das Wochenendwohnen mit allem, was dazu gehört. Hausbau und Gartenbau vollziehen dabei eine bemerkenswerte Tendenzwende von dem Vorrang des Praktischen in Laube und Kleingarten zur Dominanz des Ästhetischen beim Wochenendbungalow. In der Datsche fallen die produktiven und konsumtiven Momente auseinander. Die Orientierung auf ein Ergebnis und die Lust an der Tätigkeit sind in der jährlich wiederkehrenden Gartenarbeit auf harmonische Weise miteinander verbunden, doch in der heutigen Datsche ist Gartenarbeit reduziert. Die Bungalowwelt wird zur Erbauung inszeniert, zur Repräsentation stilisiert. Dieses Trachten formt den Garten, der nun zum Beispiel Versatzstücke aus dem Vokabular der klassischen Gartenarchitektur zeigt: Rasen, barocke Heckengeometrien, Wegachsen, Kugelbäume – alles nur kleiner: die Datsche als Bonsai der Villa.

Das Refugium

Datschen sind Feierabend-Architektur, gewidmet dem Ausspannen, Entspannen, Abschalten, Abreagieren, der Ruhe, Erholung steht in der Motivfolge zum Datschenbau neben dem Naturverbund ganz vorne. Datschen-Ideale sind daher entweder das Nichts-Tun – genauer: der Genuss von Untätigkeit – oder Formen der Betätigung, die zur Berufsarbeit komplementär sind und somit als Ausgleich wirken, zum Beispiel das Umgraben im Kleingarten als Ausgleich für das Sitzen im Büro, das Sonnenbad für den Bergmann, die aktive Selbstgestaltung des Bungalows als Unterbrechung einer langweiligen Routine, die Familie statt derKollegen, Ruhe statt Reizflut, Landaufenthalt gegen Stadtleben… nur die Hausfrau setzt fort, was sie schon zu Hause tat.

Hier haben wir ein Erklärungsmuster, das manches in der Datschenkultur verstehen lässt: das Datschenmilieu ist der Versuch einer einfachen Negation von Arbeit und Alltag. Indem man sich eine Gegenwelt schafft, versucht man der Last des Einseitigen zu entrinnen. Erholung nach diesem Muster ist ein Bedürfnis, das die Datsche auffängt und kanalisiert, doch ist fraglich, ob sie einen Schritt zur dialektischen Aufhebung der Widersprüche zwischen Arbeitstag und Feierabend, zwischen Wochentag und Sonntag darstellt.

Erholung und Naturaufenthalt (Land, Sommerfrische) – dies wird oft als dasselbe angesehen, schon wegen der Luft. Man muss jedoch fragen, warum der Erholungsbedürftige so oft den Weg ins Grüne nimmt. Vielleicht liegt es daran, dass die heutige Stadt den erforderlichen Funktionswandel zur Freizeitumwelt mit Freibädern, Tanzlokalen, Clubs, Spiel und Sport noch ungenügend vollzogen hat und daher dem Ausspannen in der Natur zu wenig Alternativen anbietet.

Es könnte auch sein, dass der Städter die Allgegenwart der Stein- und Betonlandschaft satt hat. In seiner urbanen Umwelt dominieren heute die steinernen Artefakte. Wird da die Natur zum eigentlichen Kurort des Stadtbewohners? Die Natur selbst hat einen Bedeutungswandel erfahren; war sie in der Frühzeit die unbekannte, bedrohliche Umgebung, so ist sie heute beherrscht, eine Idylle. Die entspannende Wirkung des Naturerlebnisses hat sicherlich noch tiefere Wurzeln darin, dass der Mensch auch ein Teil der Natur ist und seine Sinne an der Natur geformt wurden.

Einen Bungalow abseits der Stadt zu haben, bedeutet, ab und zu Ort und Tapete zu wechseln. Diese Art Mobilität wird, bei zumutbarer Entfernung, nicht als Belastung empfunden, sondern im Gegenteil als positiv befreiend: der äußeren Distanz, die man zur Wohnung gewinnt, entspricht die innere Lösung von den Zwängen der Alltagsroutine. Die Ankunft auf der Datsche erscheint dann als der ersehnte Eintritt in die Welt der Freiheit.

Die Datsche ist eine kompensatorische Umwelt und darauf beruht ihr Erholungseffekt. Das heißt aber nicht, dass sie Ort einer alternativen Lebensführung wäre. Tagesrhythmen, soziales Rollenverhalten, Medienkonsum, Gestaltungsweisen – die gewohnten Rituale bleiben sich gleich. Alles wird aber eingetaucht in eine hedonistische Gesamtstimmung des Genießerischen und der Gelassenheit.

Mit der Datsche werden wichtige Teile der Erholungsfunktion und Freizeitkommunikation in die Privatsphäre verlagert, was einhergeht mit der Aushöhlung sinnvoller und tradierter Formen der öffentlichen Erholung. Naturbegegnung und Geselligkeit, wie zum Beispiel das Ausflugslokal und das Herbergswesen. Wenn der Städter am Sonntag nach weiter Wanderung im Gartenlokal zwischen grünen Hecken mit anderen Menschen bei einem Wein sitzen kann, braucht er dann einen aufwendigen Bungalow, um Natur und Freunde um sich zu haben? Wenn ein Reisender erwarten kann, an einem beliebigen Zielort sicher Logis zu finden – preiswert zudem – was braucht er dann für den Ortswechsel die Datsche? Verglichen mit der Offenheit der Kultur von Herbergen und Pensionen nagelt sie ihn doch nur dort fest, wo er Weite und Mobilität wollte.

Private Nische oder Ort der Geselligkeit?

Der Kleingarten galt lange Zeit als Ort der Zuflucht für den Kleinbürger, der versonnen den Boden umgräbt und so die Gesellschaft und die Öffentlichkeit aus dem Auge verliert. Ist dies das soziale Konzept der Datschen und Kleingartensiedlungen oder eröffnen sich hier Chancen, weit ab von der Anonymität der Wohnsiedlung und den Vermassungserscheinungen der Stadt eine neue soziale Gemeinschaft zu erlangen? Die Nutzer jedenfalls knüpfen an die Datsche kaum die Erwartung, mit dem Nachbarn in engeren Kontakt zu kommen. Zwar ist das soziale Klima hier besser als in der Wohnumwelt, die Nachbarschaft zeigt Verbindlichkeit und die Freundlichkeit des Wochenendes, das Grundkonzept jedoch ist nicht solidarisch, sondern eher egozentrisch. Dies ist ablesbar am Bungalow und an der Siedlung – Bungalows sind solitär. Der Typus ist das Einzelhaus auf der Parzelle, in der Isolation des Hauses erscheint die Absonderung der Bewohner.

Als Statussymbol spiegelt die Datsche überall die Doppelmentalität von Imponieren und Abweisen, das Innere des Bungalows bleibt abgeschottet und verhangen, das Äußere aber drängt zur Imposantheit.
Warum rücken Bungalows nie zusammen, gruppieren sich nicht mal um eine gemeinsame Terrasse? Die Nachbarschaft ist, wie im Wohngebiet, meist rein zufällig, kaum Anlass zu sozialer Gemeinschaft. Alle tun dasselbe – aber sie tun es nicht zusammen. Auch der Selbstbau der Bungalows erfolgt selten in kooperativer Form.

Bungalowsiedlungen zeigen nicht das Bild einer strukturierten sozialen Gemeinschaft. Die Einheitlichkeit der Bungalows ist weniger ein Ausdruck von freimütiger Solidarität, vielmehr Ergebnis des von außen auferlegten Vorschriftenpakets, das die Formen reglementiert. Die Bungalowsiedlung hat den Verlust der Mitte vollzogen, hier fehlt das Zentrum auf doppelte Weise, praktisch und symbolisch. Wo die Siedlungen ein Lokal haben, ist Versorgung erstrebt, ein echtes Gemeinschaftszentrum ist meist nicht da. Die Datsche ist, wenn wir die Symptome betrachten, zwar eine Außenstelle der Wohnung, aber kein Stützpunkt der Sozialisierung des Individuums.

Dies ist ganz anders in den Kleingartenanlagen, die ein echtes soziales Konzept für den Grünraum darstellen und die ein historischer Faden mit der Schrebergartenbewegung verbindet. Viele Kleingartensparten praktizieren heute, auf der Grundlage des einenden Garteninteresses lebendige Formen sozialer Gemeinschaft. Es gibt ein Spartenheim, Gartenfeste mit Lampions, Siedlerversammlungen, in der Mitte eine Spielwiese für Kinder. Der Sinn für das Soziale zeigt sich auch darin, dass die Angebote der Kleingartenanlage Fremden offen stehen. Der Auszug aus der Stadt bedeutet also nicht immer eine Flucht aus der Sphäre des Sozialen, sondern unter Umständen gerade den Rückgewinn sozialer Beziehungen. So waren und sind zum Beispiel Künstlerkolonien (Worpswede) Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, die trotz sozial – utopischer Züge gerade in der Zurückgezogenheit der Ländlichkeit Gemeinschaftssinn und Kreativität entwickeln können, aber eben auf anderen geistigen und sozialen Grundlagen als die Datschen. Die Ländlichkeit der Datschensiedlung ist künstlich, inszeniert durch Wagenrad, Deichsel und Schubkarre. Wenn man einen Teil der Erholungsfunktionen der Datsche in das Dorf integrieren würde, dann wäre nicht nur der Erhaltung von Bausubstanz in den Dörfern gedient, sondern es wäre ein praktischer Schritt zur Überwindung der Kluft zwischen Stadt und Land getan. Wenn die Städter wieder ins Dorf kommen, begegnen sich urbaner und rustikaler Lebensstil direkt; Erholung wäre ein gern begangener Weg solcher Annäherung zweier Kulturen. Die Datsche ist ein Ausflug ins Niemandsland, während wir im Dorf eine soziale Gemeinschaft vorfinden, zu der man stoßen kann. So wäre auch das sich verändernde Dorf eine soziale Alternative zur Datschensiedlung.

Die Ästhetik der Datschen

Wir haben bisher nur über Bedürfnisse gesprochen, die dem fertigen Produkt „Datsche“ gelten, doch es gibt auch ein Verlangen nach Selbstdarstellung der Erbauer. Bauen kann eine schreckliche Last sein, doch manchmal ist die Lust am Bauen sogar so stark, dass der Erbauer sein Interesse an der Datsche verliert, sobald sie fertig ist und sich nichts mehr zum Betonieren findet.

Das Bedürfnis, sich ihre Umwelt selbst einzurichten, ist ein historisch früh entstandenes Bedürfnis der Menschen, das natürlich ähnlich dem Musizieren, Dichten, Basteln oder Malen unterschiedlich stark ausgeprägt und mit Talent versorgt ist. Dementsprechend gibt der Einzelne seiner Umwelt mehr oder weniger von seiner Persönlichkeit hinzu, seine subjektive Kompetenz kann von der Auswahl fertiger Lösungen über mehrere Stufen der Beteiligung bis zum völligen Eigenbau reichen. Man sollte annehmen, dass sich das Bau- und Gestaltungsbedürfnis, das durch polytechnische und musische Ausbildung allerdings noch unzureichend gefördert wird, gerade im Datschenbau entfaltet, da der Massenwohnungsbau infolge seiner immer noch vorhandenen technologischen Spröde den Gestaltungsdrang auf das Ausschmücken (vor allem der Loggien und Balkone) eingegrenzt. Doch auch unter ästhetischem Aspekt ist der Bungalow keine wirkliche Alternative zur Wohnung, sondern reproduziert meist die gleichen ästhetischen Leitbilder, nur üppiger. In der lockeren, spielerischen Ausschmückung der „Ferien“-architektur der Datsche ist ein Moment des Schöpferischen enthalten, es ist ein kleines Pflänzchen, das gepflegt werden sollte. Insofern bedeuten auch Wagenräder und Travertinriemchen einen Schritt nach vorn. Doch gemessen an den Möglichkeiten und Verheißungen dieser Bau- und Gestaltungsaufgabe ist ein erschreckender Mangel an Kreativität festzustellen. Die Gestaltung ist bei allem Aufwand oft armselig, eintönig, klischeehaft und kitschig.

Das Rezept besteht in der massenhaften Vervielfältigung eines räumlichen und konstruktiven Grundmusters, das in einem zweiten Anlauf mit einem subjektiven Überzug an „Verbesserungsmitteln“ versehen wird. Doch auch diese bestehen aus einem festgefügten Repertoire an Formen und Zeichen, aus einer einschichtigen Grammatik und einem simplen Vokabular, das nur in seiner Intonation variiert wird. Der Datschenbauer konzentriert sein Werk auf wenige Gestaltungsmittel: Alle Arten von Holzverkleidungen und Holzimitationen, Travertinriemchen, Klinkerverblendungen, Bruchsteinsockeln, Fenster- und Türbögen, Glasbausteine, Schilfmatten, Schmiedeeisen und ähnliches.

Über den Datschen ruht ein versteinertes Denkklischee von der „modernen Datsche“, das auch durch die von den meisten Datschenbesitzern angestrebte Individualität nicht produktiv verunsichert wird – im Gegenteil, die Zugaben gehören zum Prinzip.

Doch die Mängel dieser Gestaltungsweise sind kein Problem der individuellen Geschmackskultur. Die Erscheinung der Datschen wird durch ein Faktorenbündel gesteuert, zu dem enge Bebauungsvorschriften ebenso wie das rare Baustoffangebot und ein ästhetisches Normativ. Zwischen dem Ritus des Bastelns und Schmückens ist für Phantasie wenig Raum, die geistige Auseinandersetzung mit den Grundlagen, den eigenen Bedürfnissen, dem Material und den Baukonstruktionen, der Natur usw. kommt zu kurz.

Wenn man einen Datschenbesitzer nach seinen Gestaltungsabsichten fragt, so erklärt er, das kleine Bauwerk müsse vor allem Gemütlichkeit und Ruhe ausstrahlen, es solle etwas Besonderes darstellen, einen Schuss Rustikalität und „moderne“ Idylle enthalten und alles harmonisch zusammenfügen. Doch oftmals entgleiten diese Intentionen in ihre entarteten Formen. Es entsteht ein langweiliger, steriler, durch nostalgische Beifügung romantisierter, kitschiger Bunker, der etwas Besonderes darstellen will.

Die geringen Modifikationen in der Gestaltung sind aber auf Wirkung berechnet, auf eine Absonderung, auf eine bescheidene Exklusivität. Ausgedrückt wird dabei nicht mehr Reichtum und Macht wie in feudalen Landhäusern, aber auch noch nicht der emanzipatorische Gehalt entwickelter Persönlichkeiten und ihrer sozialen Kontakte, ausgedrückt wird oft nur eine besondere Tüchtigkeit, ein Organisationstalent, die Bekanntschaft mit Handwerkern, ein kleiner Vorteil.

Aus der Verwendung der Baustoffe und Bauteile und dem Einsatz gestalterischer Mittel lassen sich folgende Gestaltungstendenzen erkennen:

1. Tendenz zur Beifügung. Die Bauhauptstruktur wird auch in den Fällen, in denen keine
Fertighäuser Verwendung finden, als gegeben betrachtet und durch gestalterische Accessoires „bereichert“. Die ästhetischen Symbole werden „aufgestylt“. Dagegen findet ein kreativer Umgang mit Baumaterial und Experimente technischer, energieökonomischer und ökologischer Art, für welche sich Datschen auf Grund ihrer einfachen Bauart und der nichtbilanzierten Freizeit anbieten, nicht statt.
2. Tendenz zur Imitation. Die besonderen und raren Baumaterialien werden als dünne,
vorgeblendete Schichten aufgesetzt. Sie erzeugen einen Schein von Vielfalt, wobei der Imitationscode streng normiert ist. Die Tendenz zur Materialimitation steht dabei in Korrespondenz zu anderen Scheinfunktionen der Fassade: Die Datsche ist klein, will aber bedeutend aussehen, bedrängt die Natur, will sie aber spiegeln, ist uniform, will aber besonders sein usw.
3. Tendenz zum ortsfremden Material. Die Baustoffe erwachsen nicht der Landschaft, es
wird das nicht bodenständige Material bevorzugt, solches, das nicht dem Orte entstammt, sondern (umständlich) beschafft werden muss. Auch die imitierte Natur erscheint zum Beispiel grob und klischeehaft als „Holz“, nicht aber als der Landschaft angehörige Buche, Kiefer oder Birke. Alte Lauben zeigen dagegen oft ihr ortstypisches Material.
4. Tendenz zum Fertigen. Die Datsche erscheint immer fertig und neu. Trotz der
Ersatzmaterialien verabscheut der Datschenbauer die Improvisation. Das natürlich Verfallene oder Verschlissene wird zugedeckt und ausgewechselt. Zu wenig ist ihm der Kreislauf mit der Natur, der Prozess der ständigen Erneuerung und Veränderung, Vorbild.
5. Tendenz zur Maßstabsverzerrung. Das kleine Bauwerk wird mit Attributen des
Bedeutungsvollen überfrachtet, die im unterschiedlichen Maßstab verkleinert (Amphoren, Rundbögen) oder vergrößert werden (Fenster, Laternen). Doch sind sie nicht Verfremdungsmittel einer gewollten Aussage, sondern meist Produkte unfreiwilliger Komik.
6. Tendenz zur Nostalgie. Der Hang zum Gebrauch historischer Attribute bildet sich im
Widerspruch zur Nüchternheit der modernen Formenwelt und aus einem verklärten Vergangenheitsweh, das auch ein sentimentales Verhältnis zum Ländlichen einschließt. Die Wagenräder sind sein Zeichen.
Die aufgezeigten Tendenzen enthalten eine kritische Wertung. Soll die Freizeitkultur den Entwicklungsbedingungen der sozialistischen Gesellschaft entsprechen, muss auch in Bezug auf den naturnahen, zweiten Wohnsitz und seine Gestaltung ein Umdenken erfolgen. Vor allem ist es wichtig, die Kreativität der Datschenerbauer in Richtung sozialer, ökologischer und kultureller Qualität zu entwickeln. Auf diesem Wege sind unseres Erachtens besonders die folgenden Aspekte bedeutsam:

Die Auflagen, die von den Stadt- und Kreisarchitekten den Sparten hinsichtlich der beabsichtigten Bauten erstellt werden, schränken das schöpferische Bauen unnötig ein. Statt Bauformen (zum Beispiel Dachneigungen) anzuordnen, sollte der Bau stärker quantitativ begrenzt werden: noch weniger bebaute Fläche, umbauter Raum, geschütteter Beton; statt dessen mehr Phantasie im Umgang mit dem Raum, dem Baukörper und der Konstruktion.
– Zu diesem Zweck ist es nötig, die kultur-pädagogische Funktion der Architekten und
Designer zu entwickeln. Im Dialog mit den Bauwilligen geht es darum, deren
Architekturvorstellungen zu kultivieren, doch nicht zu gängeln.
Das schöpferische Bauen setzt die Verfügung über „kreative“ Materialien und
Halbfabrikate voraus. Das sind Stoffe, die die Tendenz zur Imitation erschweren (keine Holztapete und Travertinriemchen) und das leichte Bauen und die Flexibilität fördern. Statt Klinker und Beton können in Lauben zum Beispiel durchaus energieökonomische Lehmziegel zur Anwendung kommen.
Die Verwertungskette von Bauelementen und Baustoffen muss noch effektiver
gesellschaftlich organisiert werden. Ein Beispiel dafür ist auf einem Bauernhof der traditionelle Weg der Dachziegel entsprechend ihrem Verschleißgrad vom Wohnhaus auf den Stall, auf die Scheune bis zum Schuppen. Die Durchsetzung ökonomischen Denkens stimuliert und verlangt zugleich die Kreativität im Umgang mit wieder verwendungsfähigem Baumaterial.
Die ästhetischen Leitbilder können den Entwicklungen der materiellen Möglichkeiten nachhinken oder ihnen vorauseilen, ihr Hemmschuh oder Initiator sein. Zur Zeit befördern sie den Werdegang der Freizeitarchitektur nicht genügend. Es ist deshalb wichtig, die Gestaltung der Datschen weiter zu problematisieren und Lösungen, die die Spuren der oben genannten Maßnahmen tragen, vor allem in den Massenmedien zu propagieren.

Ausblick: Datschen und Wohnungen

Die Datschen beziehen ihren Sinn aus dem Charakter des Wohnungsbaus. Sie sind ein Ausgleich für Bedürfnisse, die nicht durch den derzeitigen Massenwohnungsbau erfüllt werden, also eine Ergänzung der Wohnung. Zugleich sind sie auch nur Wiederholungen der Wohnungen in verkleinerter, umständlicher Form, nämlich Zweitwohnsitz. Immer ist die Wohnung das Korrelat zur Datsche. Das Leben in der Datsche ist angesichts der aufgezeigten Mängel eine dekorative (Ersatz-) Form des Wohnens, die Datsche wiederholt die dekorativen Tendenzen des Wohnungsbaus und sie ist selbst eine Dekoration des Wohnungsbaues. Es stellt sich die Frage, ob die Datsche wirklich eine erhaltenswerte Qualität sui generis ist oder ob es möglich ist, ihre positiven Eigenschaften in einem qualifizierten Wohnungsbau aufzuheben.

Betrachten wir zunächst die Vor- und Nachteile des gegenwärtigen Zustandes, in dem der Massenwohnungsbau auf industrieller Basis billige und brauchbare Wohnungen für die Grundbedürfnisse erstellt und die weiterreichenden Ansprüche in Datschen durch individuelles und meist handwerkliches Bauen abgedeckt werden. Den zahlreichen Nachteilen dieser Funktionstrennung stehen nur wenige Vorteile gegenüber.

Wenn man wie oben ausgeführt in Aussicht stellt, dass für das Problem des Ortswechsels andere Möglichkeiten entwickelt werden können (zum Beispiel Ausflugsgaststätten), ist es verlockend, den Versuch zu unternehmen, den in der Datsche ohnehin eingeschränkten Naturbezug im Wohngebiet zu verwirklichen und damit die Nachteile der Trennung von Wohnen und Erholen aufzuheben. Die Datsche ist eine Spätfolge des Konzeptes der Funktionsteilung im Städtebau, das vorsah, Wohnen, Arbeiten, Erholen und Verkehr voneinander zu trennen. (Charta von Athen, 1933) Dies findet auch in der Wohnung seinen Ausdruck zum Beispiel durch die Separierung…

(Text unter dem Bild)

Nachteile

  • Entleerung der Neubauwohngebiete zum Wochenende (ein Viertel der Datschen werden aber auch nach Feierabend genutzt)
  • Ausgliederung wichtiger sozialer Aktivitäten aus dem Wohngebiet
  • Zersiedelung der Landschaft durch Datschenkolonien
  • große Fonds für die Grundausstattung von zwei Haushalten
  • trotzdem reduzierter Hauswirtschaftskomfort am Wochenende
  • hohes Transportaufkommen (80 bis 90 Prozent der Datschen werden mit Kraftfahrzeugen angesteuert)
  • ungenutzte Freiflächen im Wohngebiet

Vorteile

  • engerer Naturbezug durch die Datsche
  • Ortswechsel am Wochenende

Vorteile (rechte Spalte)

  • die zurückgewonnenen Erholungsfunktionen der Stadt beleben das Wohngebiet, Anwachsen sozialer Kontakte
  • Intensivierung der Freiflächennutzung und Verbesserung des Mikroklimas durch Mietergärten
  • durch individuelle Anbauten (Bauvolumen der Datschen) Vergrößerung der Wohnung, die werk- und sonntags zur Verfügung steht.
  • Verwirklichung abgestufter Interessen an Naturnähe (Gärten, Dachterrassen)
  • Reduzierung des Transportaufkommens
  • produktives Freizeitverhalten wird als entwickeltes Baubedürfnis für die Stadt dienstbar gemacht
  • das schöpferische Umgestaltungsbedürfnis produziert durch An- und Umbauten abwechslungsreiches Erscheinungsbild der Wohngebiete
  • Schonung der Landschaft

Nachteile

  • Ortswechsel muss extra organisiert werden
  • erhöhter Flächenbedarf im Wohngebiet, doch wird dieser in der Landschaft eingespart

…der Küche als reinen Arbeitsraum. Die Auflösung der Funktionstrennung und die Zusammenführung der Wohn-, Erholungs- (und Arbeits-)Zonen der Stadt, das heißt die Eingliederung der Datsche und ihres sozialen und ökologischen Inhalts in das Wohngebiet, bedeutet auch die Annäherung von Städtischem und Ländlichem, von industriellen und handwerklichen Bauen, von öffentlicher und privater Initiative usw.

Man kann sich verschiedene Möglichkeiten denken, wie der Architekturraum der Datsche, ihr Naturbezug und die umweltverändernden Potenzen der Datschenerbauer in das Wohngebiet eingegliedert werden können. Dabei wandeln sich viele der oben genannten Nachteile der Datsche in Vorteile der integralen Lösung.

Einer solchen Lösung liegt die Anerkennung differenzierter Bedürfnisse auch an der Natur zugrunde. Vielen wird die frische Luft, die Sonne und die Kübelpflanzen auf der Dachterrasse genügen, andere wollen nur ein kleines Beet in Wohnungsnähe, wieder andere halten am Kleingarten fest, und weitere Bewohner desselben Hauses wollen vielleicht die Natur auf ihren Wanderschaften genießen.
Im vorgezeigten Beispiel sind die Datschen den Erdgeschosswohnungen als zusätzlicher Raum angefügt oder auf dem Dach als kleines „Penthaus“ verwirklicht. Voraussetzungen für solche integralen Lösungen sind offene Bausysteme, die variable Ergebnisse gestatten und die praktische Mitwirkung der Bewohner erlauben. Sie setzen neue Organisationsformen der Bauvorbereitung und –durchführung voraus, vor allem eine entwickelte Partnerschaft zwischen Architekten und Nutzern.

Neben der Vielfalt der Bedürfnisse gibt es die Vielfalt der baulichen Situationen, so dass sich auch die Datsche in viele andere Lösungen verwandeln wird. Neben ihrer Integration in die Stadt (ins Wohngebiet), die in sich viele Varianten enthält (Mietergärten, Reihenhäuser usw.) und die wir als Hauptlinie der Entwicklung verstehen wollen, werden Erholungsfunktionen auch zunehmend die Dörfer revitalisieren und sich mit Landwirtschaft und Kleinindustrie verbinden.

Weiterhin ist vorstellbar, dass die Städte durch Freizeiteinrichtungen und die Entwicklung der Verkehrsbeziehungen viele Bedürfnisse, die heute auf die Datsche gerichtet sind, im urbanen Kontext erfüllen. Letztlich bleibt auch die Gartenparzelle als eine Möglichkeit erhalten, die Erholungsfunktionen in Naturnähe zu verwirklichen, indem die Datsche ihre entarteten Attitüden abstreift und zur „vermenschlichten Natur“ zurückfindet. Es sind gesellschaftliche Lösungen gefragt, die eine dialektische Aufhebung der Funktionsteilung in neuen Raumkonzepten betreiben, innerhalb derer auch das Problem der Datsche seine Auflösung findet.

Ein solcher Ausblick ersetzt nicht jede Datsche, nimmt ihr aber die Dominanz; er zielt auf die Befriedigung der zunehmend differenzierten Bedürfnisse und auf die zunehmende Komplexität des gesellschaftlichen Lebens, auf eine intensive Stadtentwicklung.

Dieser Beitrag basiert auf einer Praktikumsarbeit „Architekturpsychologische Untersuchung der Laienarchitektur in Bungalowsiedlungen“ (1984) der Friedrich-Schiller-Universität Jena, betreut durch Olaf Weber und Gerd Zimmermann.

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